Sechs Jahre lebte Wikileaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London, bis ihm das politische Asyl entzogen wurde und britische Polizisten ihn Anfang April verhaften konnten.
Nun hat sich zum ersten Mal der Vater von Assange, John Shipton (74) zu Wort gemeldet – mit Verschwörungstheorien …
• Im Gespräch mit „60 Minutes“ vom US-Sender CBS behauptet er: Ecuador habe seinen Sohn nur deshalb aus der Botschaft geworfen, um Geld vom Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erhalten.
„Sie können keinen IWF-Kredit erhalten, es sei denn, die Vereinigten Staaten genehmigen ihn – zur Kondition, Julian aus der Botschaft zu entfernen“, so Shipton in dem Interview. Belege dafür führt er keine an.
Klar ist: Nach dem Regierungswechsel in Ecuador wurde deutlich, dass der Nachfolger des linken Präsidenten Rafael Correa Assanges Aufenthalt wenig unterstützt. Nach Assanges Verhaftung warf Präsident Lenín Moreno dem Wikileaks-Gründer sogar vor, in der Londoner Botschaft des Landes ein „Zentrum der Spionage“ betrieben zu haben. „Mit der Erlaubnis der Behörden der Vorgängerregierung (in Ecuador) wurden Einrichtungen in der Botschaft zur Verfügung gestellt, um in Prozesse anderer Staaten einzugreifen“, sagte Moreno der britischen Zeitung „The Guardian“.
Was wird Assange vorgeworfen?
Die USA werfen Assange eine Verschwörung mit der Whistleblowerin Chelsea Manning vor, um ein Passwort eines Computernetzwerks der Regierung zu knacken. Sie fordern deshalb seine Auslieferung.
Manning hatte Wikileaks 2010 – damals noch als Bradley Manning – hunderttausende Dokumente aus US-Botschaften zukommen lassen, die Assange veröffentlichte. Dafür wurde der Wikileaks-Gründer von vielen als Held der Informationsfreiheit bejubelt – vor allem, wenn (oder weil) es gegen Amerika ging.
Die Veröffentlichung von fast 400 000 Geheimdokumenten aus dem Irakkrieg bejubelten selbst viele Amerikaner aus Häme über die umstrittene Regierung von George W. Bush. Nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Dabei dokumentierten die Papiere zwar grenzwertige Einsätze, gefährdeten aber zugleich unzählige Menschenleben (u. a. Soldaten, Geheimdienstmitarbeiter) und spielten Terroristen in die Hände.
Ohnehin gibt es längst den Verdacht, dass Assange und Wikileaks im Auftrag russischer Geheimdienste aktiv sind. So gibt es den Verdacht, dass die einstige Enthüllungsplattform gezielt versuchte, den Wahlkampf in den USA und in Frankreich zu beeinflussen.
Assange persönlich sprach sich offen dafür aus, die Sanktionen gegen Russland zu beenden und äußerte Zweifel, dass Russland hinter der Vergiftung von Oppositionellen in Großbritannien steckt.
Wie geht es mit Assange jetzt weiter?
Schockiert zeigte sich Assanges Vater über das Aussehen seines Sohnes, den er laut „60 Minutes“ zum letzten Mal an Weihnachten gesehen hatte. „Ich bin 74, er sieht genauso alt aus wie ich. Er ist 47.“
Er habe, so erzählt Shipton weiter, seinen Sohn auch davor gewarnt, geheime Informationen auf Wikileaks zu veröffentlichen – aus Sorge, ihm könnte etwas passieren.
Wikileaks-Gründer in Unterhose
Hier fährt Julian Assange Skateboard in der Botschaft
Quelle: Reuters
1:06 Min.
Nach seiner Festnahme hatte ein Gericht in London Julian Assange zunächst schuldig gesprochen, gegen Kautionsauflagen verstoßen zu haben, ihm drohen dafür bis zu zwölf Monate Haft.
Grund: Als Assange 2012 in die diplomatische Vertretung geflüchtet war, lag gegen ihn ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Assange fürchtete, via Schweden in die USA ausgeliefert zu werden. Die Vorwürfe wies er stets zurück.
Es mehren sich aber in Großbritannien die Stimmen, dass Assange sich in Schweden verantworten müsse. Dort hatte die Staatsanwaltschaft 2017 ihre Ermittlungen eingestellt. Die Anwältin einer Frau, die Assange beschuldigt, beantragte jedoch die Wiederaufnahme.
Unabhängig davon können die britischen Behörden aber belangen, weil er sich 2012 durch seine Flucht in die Botschaft einer Verhaftung entzogen hatte. Mit den Vorwürfen der US-Justiz soll das Gericht sich am 2. Mai befassen.
7 Jahre in Ecuadors Botschaft
Der Fall Julian Assange: eine Chronik
Quelle: BILD/AP/Reuters
2:25 Min.
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