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TSG stürmt aus dem Europapokal: Hoffenheim scheitert an Nagelsmanns Gier

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Julian Nagelsmann kann viel, aber eins kann er nicht: verlieren. Für seinen Klub ist das bisweilen anstrengend.

Von Michael Wilkening


Der Champions-League-Knockout steht fest, für die Europa-League-Qualifikation braucht es einen Sieg bei Manchester City und zusätzlich Hilfe: Die TSG Hoffenheim droht früh zu scheitern. Das liegt auch an Trainer Julian Nagelsmann.

Es war ein Spaßkick an einem Vormittag zwischen Nachwuchstrainern der TSG Hoffenheim. Auch Julian Nagelsmann mischte mit. Der heute 31-Jährige war damals noch kein bekannter Bundesligatrainer, bloß einer, von dem ein paar Leute im Kraichgau glaubten, dass er es im Profifußball mal weit bringen könne. In dem launischen Spiel wurde deutlich, warum die Menschen Recht behalten sollten, die in Nagelsmann früh ein außergewöhnliches Talent sahen. Er spielte seine Gegner zwar nicht schwindelig, er überstrahlte sie nicht mit seiner Technik, sondern er schäumte vor Wut, als seine Mannschaft eine Führung kurz vor Schluss aus der Hand gab und verlor. Der Mann aus Landsberg kochte auch dann noch, als seine Mitspieler die Spaßveranstaltung längst abgehakt hatten. Den Julian, sagten sie damals, den Julian müsse man nach Niederlagen eben einfach in Ruhe lassen.

Sein ausgeprägter Ehrgeiz war im Kraichgau schon legendär, bevor Nagelsmann zunächst die U19 der TSG trainierte und anschließend zum jüngsten Bundesligatrainer der Geschichte wurde. Nur mit der Ruhe ist es längst vorbei. Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen, längst ist das außergewöhnliche Talent des Mannes bekannt, der an diesem Mittwoch sehr wahrscheinlich mit den Hoffenheimern aus dem Europapokal ausscheiden wird. In der Vorrunde der Champions League ist der Klub bislang sieglos geblieben und muss nun zum Abschluss (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) beim englischen Meister Manchester City gewinnen, um eine Chance zu haben, zumindest in der Europaliga weiterspielen zu dürfen. Dafür braucht es parallel aber auch eine Heimniederlage von Schachtjor Donezk gegen Olympique Lyon (Anpfiff ebenfalls 21 Uhr).

"Auch als Optimist darf man sagen, dass es schwierig ist, noch den dritten Platz zu erreichen", sagte Nagelsmann in Manchester. Dass die Hoffenheimer in nahezu aussichtsloser Lage sind, liegt auch am jungen Trainer. Denn der will stets gewinnen, selbst wenn sein Team eigentlich nicht gut genug ist. Manchesters Coach Josep Guardiola, der ein Bewunderer Nagelsmanns ist, wird einige seiner besten Spieler schonen, weil sein Team bereits für das Achtelfinale qualifiziert ist. Aber es ist zu befürchten, dass der Kader von Man City trotzdem noch besser besetzt sein wird als die Hoffenheimer. Der Hoffenheimer Trainer wird es dennoch versuchen.

Grat zwischen Qualität und Schwäche

Übergroßer Ehrgeiz ist ein Qualitätsmerkmal außergewöhnlicher Trainer, kann aber gleichzeitig die große Schwäche sein. Vor zwei Wochen stand es in einem packenden Spiel zwischen den Hoffenheimern und Donezk kurz vor dem Ende 2:2. Mit einem Remis wären die Chancen auf das Weiterkommen in der Champions League dahin gewesen, die Wahrscheinlichkeit, es im kommenden Jahr in der Europaliga probieren zu dürfen, aber groß. Die TSG spielte nach einem Platzverweis in Unterzahl, doch Nagelsmann ließ bedingungslos stürmen. Sein Team vergab beste Torgelegenheiten, Donezk gelang in der Nachspielzeit das 3:2. Wer alles will, bekommt manchmal nichts. "So geknickt war ich noch nie in meiner Trainerkarriere", sagte Nagelsmann.

Er trägt ein Selbstbewusstsein vor sich her, das bei einem flüchtigen Blick arrogant wirken kann. Doch es ist schlicht die pure Überzeugung vom eigenen Weg, die ihn von vielen unterscheidet. Er spürt, dass er es mit seiner Auffassungsgabe und seinem Mut mit den großen seiner Gilde aufnehmen kann. Er gierte auf den Wettkampf in der Champions League und ignorierte, dass seine Spieler nicht mithalten konnten. Es ist verrückt, aber mit der gleichen Eigenschaft, mit der Nagelsmann Hoffenheim überhaupt erst in die Königsklasse führte, sorgte er für das Ausscheiden – mit der Angewohnheit, nicht verlieren zu können.

Hinzu kommt die Ungeduld, die zuletzt dafür sorgte, dass er nach Rückschlägen in der Liga oder den internationalen Matches zu impulsiv reagierte und eigene Spieler öffentlich kritisierte. Das sorgt intern für Reibung, mit seinem Ehrgeiz treibt er seine Spieler voran, verliert auf dem Weg aber auch einige von ihnen. Nicht jeder kann mithalten, nicht mehr alle wollen es. Die Tatsache, dass der Abgang von Nagelsmann im Sommer zu RB Leipzig längst bekannt ist, macht ihn angreifbar.

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