Politik

Maas zu Besuchbeim „Tropen-Trump“

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Kann Heiko Maas etwa den rechtspopulistischen „Tropen-Trump“ und sein Gruselkabinett zähmen?

Als erster EU-Regierungsvertreter hat Außenminister Heiko Maas (52, SPD) am Dienstag den brasilianischen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro (64) und seinen Außenminister Ernesto Araujo (51) getroffen.

Maas und Bolsonaro sprachen vor allem über Wirtschaftsthemen, über China und die Beziehung zu Europa. Es sei ein „offenes Gespräch“ gewesen, sagte Maas danach vor der Presse. In der Vergangenheit habe Bolsonaro mit seinen Äußerungen für Verwirrung gesorgt, „aber was ich heute gehört habe zu Brasiliens Engagement auf internationaler Bühne und was wir noch in einer gemeinsamen Erklärung festlegen konnten, war genau das, was wir uns erhofft hatten“, sagte Maas. Es zeige den Wert persönlicher Begegnungen und dass man „nicht nur aus der Ferne den Kopf schütteln“ solle.

Bolsonaro hatte im Wahlkampf mit dem Slogan „Brasilien über alles, Gott über allen“ geworben und mit Hassreden gegen Homosexuelle, Frauen und Schwarze schockiert. Er kündigte an, keine neuen Schutzgebiete für den Regenwald im Amazonasgebiet auszuweisen und weitere Rodungen zuzulassen.

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Brasilien betont Wertefundament mit Deutschland

Bolsonaros Regierung bemüht sich offenbar um gute Beziehungen zur Bundesregierung. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Außenminister Ernesto Araujo betonten die Amtskollegen mehrfach die verbindenden Werte – „Demokratie, Freiheit, Menschenrechte“ – und die Interessensgleichheit bezüglich multilateraler Zusammenarbeit. Vor allem Araujo überschlug sich darin, das gleiche Wertefundament der beiden Regierungen immer wieder hervorzuheben.

Überraschende Töne für eine Regierung, die immer wieder mit verbalen Frontalangriffen auf Frauen und Minderheiten, gewaltverherrlichende Rhetorik und Ankündigung nationaler Alleingänge von sich Reden macht!

Zuvor hatte Maas bei einem Besuch am Montag in Salvador da Bahia dazu aufgerufen, gegen Rassismus, Extremismus und Diskriminierung vorzugehen. An vielen Orten in der Welt seien diese Tendenzen auf dem Vormarsch, erklärte er in einem am Dienstag veröffentlichten Twitter-Video des Auswärtigen Amtes. „Dagegen muss man etwas tun.“

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Auch die „schwierigen Themen“ habe man angesprochen, sagte Maas auf Nachfrage. Wenn Brasilien weiterhin eine wichtige Rolle auf der Weltbühne spielen wolle, sei es wichtig, dass es keine „Irritationen“ gebe.

Die Wirtschaft im Blick

Ein Grund für die zahmen Töne der Brasilianer sind sicher die Wirtschaftsbeziehungen und die Hoffnung auf deutsche Investitionen: Deutschland ist der viertgrößte Handelspartner Brasiliens, deutsche Unternehmen wie Volkswagen und Mercedes haben große Standorte. Mehr als 1300 deutsch-brasilianische Unternehmen beschäftigen rund 250 000 Menschen im Land. Brasilien hofft auf den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens, das u.a. eine Zollunion mit den Mitgliedsländern umfasst. Das Abkommen könnte Zollzahlungen für Einfuhren aus der EU in Höhe von vier Milliarden Euro pro Jahr einsparen.

In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigte Deutschland seine Unterstützung zum Beitritt Brasiliens zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), zur „stärkeren globalen Einbindung der brasilianischen Wirtschaft“.

Maas wirbt für Mulilateralismus

Brasilien ist das einzige Land Lateinamerikas, mit dem die Bundesregierung eine strategische Partnerschaft hat. Kanzlerin Merkel war erstmals 2015 mit ihrem Kabinett nach Brasilia gereist, seitdem lag die Annäherung wieder auf Eis. „Auf der brasilianischen Seite gibt es die Bereitschaft, diese fortzuführen. Das nehme ich mit nach Berlin, um zu besprechen, wann ein geeigneter Zeitpunkt sein kann, um diese wieder aufzunehmen“, sagte Maas.

Maas wirbt auf seiner Lateinamerika-Reise für den angeschlagenen Multilateralismus, oder genauer: die „multilaterale Allianz“ – seine Idee eines wertebasierten Staatenbündnisses, mit dem er die internationale Zusammenarbeit stärken will. Eine Art Gegengewicht zu Ländern wie USA und Russland, die sich zunehmend von der multilateralen Welt abwenden.

Wie geht eine Werte-Allianz mit dem „Tropen-Trump“?

Wie dringend man angesichts der komplexen Weltlage auf Multilateralismus und „faire Regeln“ angewiesen sei, zeige auch die Krise in Venezuela, zu der man im engen Austausch mit den Partnerländern stehe: „Wir beobachten die aktuelle Entwicklung sehr und hoffen, dass die Lage friedlich bleibt“, sagte Maas.

Die Bolsonaro-Regierung hatte zuvor allerdings eher die Nähe zu US-Präsident Donald Trump als zu Europa gesucht und mit dem Austritt aus internationalen Foren wie dem UN-Menschenrechtsrat und dem Pariser Klimaabkommen gedroht. Passiert ist jedoch nichts. Und jetzt wolle Brasilien sich offenbar statt auszutreten sogar für eine weitere Periode im UN-Menschenrechtsrat bewerben, wie Maas vor der Presse verkündete.

Allerdings: Für die Menschenrechtslage im Land selbst ist diese Mitgliedschaft jedoch relativ gehaltlos, schließlich sind auch Länder wie Saudi-Arabien, China, Venezuela und Pakistan regelmäßige Mitglieder in dem Gremium …

Das ist Bolsonaros Gruseltruppe

Die Frage drängt sich auf: Auf welcher Wertebasis trifft man also Bolsonaro und seine Gruseltruppe?

▶︎Frauen- und Familienministerin Damares Alvez ist evangelikale Pfarrerin und Anwältin. Sie lehnt Abtreibungen streng ab und ist der Ansicht, dass mehr Gleichberechtigung zu mehr Gewalt gegen Frauen führe.

▶︎Landwirtschaftsministerin Tereza Cristina Dias wird wegen ihrer Begeisterung für Pestizide auch „Muse des Gifts“ genannt.

▶︎Und Außenminister Ernesto Araujo wirkt mit seinen Positionen ebenfalls nicht gerade wie der Partner der Wahl für die wertebasierte Ordnung: Auf seinem Blog wettert Araujo gegen „Globalismus“, empfiehlt neofaschistische Denker und bezeichnet den Nationalsozialismus als linke Ideologie. ︎Bolsonaro unterstützte diese These. Und Klimaschutz hält er laut dem „Guardian“ für eine marxistische Verschwörung, rotes Fleisch und Heterosexualität würden angeblich zunehmend kriminalisiert.

▶︎Bolsonaro selbst äußert sich immer wieder rassistisch, frauen- und schwulenfeindlich, attackiert Journalisten, die indigene Bevölkerung und Umweltschützer im Amazonas-Gebiet. Er wettert gegen internationale Verträge und Institutionen und kündigte an, seine Politik ausschließlich an nationalen Interessen ausrichten zu wollen.

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