Politik

Ist die AfD eine historische Schande?

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Am Sonntag beging die Welt den Internationalen Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Überschattet wird der Tag in Deutschland von Debatten um die AfD.

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An keinem anderen Tag ist Deutschland so geeint wie am Holocaust-Gedenktag. Oder besser gesagt: An keinem Tag WAR Deutschland so geeint. Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag, so scheint es, hat das Land sich verändert.

„Erstmals seit 1945“, so die Vorwürfe, verharmlose eine Partei die Nazi-Zeit und setze alles daran, einen Schlussstrich unter die deutsche Vergangenheit zu ziehen.

Tatsächlich ist es schändlich, wenn der AfD-Parteichef Alexander Gauland die NS-Zeit zum „Vogelschiss“ erklärt – oder die bayerische Landtagsfraktion nach einem kritischen Satz der Holocaust-Überlebenden Charlotte Knobloch den Saal verlässt.

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Doch „erstmals seit 1945“ ist nichts, was die AfD tut – das historische Ausmaß der Kritik an ihr ist fehl am Platz. Erinnern wir uns:

► An Hans Globke, einst Mitverfasser der antisemitischen Nürnberger Rassengesetze und später engster Berater von Bundeskanzler Konrad Adenauer. Oder an Kurt Georg Kiesinger, seit 1933 Mitglied von Hitlers NSDAP und später CDU-Chef und Bundeskanzler.

► Erinnern wir uns an den Widerwillen in Politik, Justiz und Geheimdiensten, selbst Nazi-Größen wie Adolf Eichmann und Josef Mengele zu verfolgen. Und daran, dass es mit Fritz Bauer einen jüdischen Staatsanwalt brauchte, um die Prozesse gegen die Mörder von Auschwitz ins Rollen zu bringen. Aber auch daran, dass der Bundestag im Jahre seines Todes eine Gesetzesänderung verabschiedete, die die Taten unzähliger NS-Gehilfen für verjährt erklärte.

► Vergessen wir nicht, dass die FDP 1949 einen „Schlussstrich“ forderte, ebenso wie das Ende der Entnazifizierung. Und ihr Vizekanzler Erich Mende noch 1996 unter Applaus versicherte, dass es 1936 in der Wehrmacht keinen Antisemitismus gab.

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► Vergessen wir nicht, dass es noch 2018 den Druck der US-Regierung brauchte, damit Deutschland den kürzlich verstorbenen KZ-Wärter Jakiw Palij aufnahm. Weil er nie deutscher Staatsbürger war, verweigerte die Bundesregierung jahrelang die Aufnahme.

All das macht die stillosen Provokationen und geschichtsvergessenen Positionen der AfD nicht harmloser. Aber der Kritik daran würde weniger historischer Furor und mehr demokratische Nüchternheit gut tun.

So verwerflich das Verhalten der AfD auch sein mag: In der jungen Geschichte der Bundesrepublik gab es dafür – leider – einige Vorbilder.

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