Politik

Irre Spekulationen zu jüdischer Nahost-Lobby

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Ein Artikel des „Spiegel“ (Ausgabe Nr.29) sorgt für Empörung: „Lobbyismus im Bundestag: So steuern zwei Vereine die deutsche Nahostpolitik“ ist der Online-Titel eines am Freitag erschienenen Artikels, der in der gedruckten Ausgabe (Nr. 29) mit „Gezielte Kampagne“ überschrieben ist.

Der Anriss des Artikels gibt auch dessen Ton an: „Lobbyismus – Ein deutsch-jüdischer und ein proisraelischer Verein haben im Bundestag ein enges Netzwerk gespannt – mit fragwürdigen Methoden. Es geht um eine andere Nahostpolitik.“

Es behandelt zwei Berliner Vereine, „Naffo – Nahost Friedensforum e.V.“ und die „WerteInitiative e.V.“ Sie hätten überproportionalen Einfluss auf die Regierungspolitik, behauptet der „Spiegel“ in dem dreiseitigen Text.

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Sie übten eine „systematische Einflussnahme“ auf die deutsche Außenpolitik, betrieben „offensive Lobbyarbeit“ und nutzten „aggressive Lobbymethoden“, um für „Positionen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zu werben“ – und das alles in „höchst fragwürdiger“ Manier. „Der Verdacht liegt nahe“, schreiben die Autoren, dass ‚WerteInitiative‘ oder Naffo zu „Frontorganisationen“ der israelischen Regierung gehören – und zwar bei Aktivitäten, bei denen „selbst der Geheimdienst Mossad“ mitmischen soll.

Dabei liefern die Autoren keinen einzigen Beleg dafür. Stattdessen machen sie Andeutungen: Der Deutsche Bundestag habe die Resolution gegen die antiisraelische Boykottbewegung BDS („Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“) genau so angenommen, wie die „WerteInitiative“ sie sich gewünscht habe. Und dies, obwohl Abgeordnete widerwillig für deren Annahme gestimmt hätten, so der Artikel, „auch aus Angst, als Antisemiten zu gelten“.

Weiteres Beispiel: Dass das Auswärtige Amt und das Gesundheitsministerium kürzlich dafür sorgten, dass Deutschland erstmals gegen eine von arabischen Ländern eingebrachte Resolution der Weltgesundheitsorganisation zur Gesundheitslage in den palästinensischen Gebieten stimmt, führt der „Spiegel“ mit Andeutungen darauf zurück, dass die beiden „gut vernetzten“ Vereine im Hintergrund agiert haben müssen.

Der Artikel suggeriert weiter, Naffo „kaufe“ deutsche Politiker: Bei einem Spendendinner kam eine vierstellige Summe für mehrere Parteien zusammen – ein gewöhnlicher politischer Vorgang, den auch der „Spiegel“ korrekt als legal beschreibt.

Aber: Danach sprachen sich mehrere Politiker, die daran teilgenommen hatten, für die Ausstrahlung einer Antisemitismus-Doku aus, die der öffentlich-rechtliche Sender arte aus dem Programm genommen hatte. „Alles Zufall?“ fragt der „Spiegel“-Artikel andeutungsvoll – als hätten es die Gäste des Spendendinners (das „zeigt, wie subtil die Einflussnahme wirken kann“) nicht aus Überzeugung getan. (Übrigens: BILD hatte die Doku damals auf Ihrer Website gezeigt.)

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Der Artikel zitiert außerdem Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt, wie er den beiden Vereinen die Legitimität abspricht, weil sie die seiner Meinung nach „ausgewogene“ deutsche Nahost-Politik aus dem Gleichgewicht bringen könnten. „Jeder Versuch, die ausgewogene und europäische Position zulasten einer Seite zu verschieben, ist problematisch“, sagt Annen dem „Spiegel“.

Das sagen die beschriebenen Vereine

Naffo-Geschäftsführerin Mirjam Rosenstein und „WerteInitiative“-Gründer Elio Adler, der auch Mitglied bei Naffo ist, fühlen sich durch den Artikel verleumdet. „Der Artikel verwendet extreme Doppelmaßstäbe“, sagt Rosenstein. Naffo nehme durch öffentlich einsehbare Positionspapiere zu politischen Fragen Stellung und treffe sich mit Politikern, so wie es jeder Interessenverband von der Automobilindustrie „bis zum Kaninchenzüchterverein“ tue.

Dass Naffo die Politik von Israels Premierminister Netanjahu vertrete, stimme nicht einmal: „Im Gegenteil: Wir wollen deutschen Entscheidungsträgern die Meinungsvielfalt in Israel näher bringen“. Beispiel: Zu Israels 70. Jahrestag im vergangenen Jahr habe der Verein Oppositionsführer Yair Lapid nach Berlin gebracht, um ihn deutschen Politikern vorzustellen.

Nicht nur das: Wenn Naffo Reisen nach Israel und die palästinensischen Gebiete organisiere (Reisen, die die Abgeordneten selbst zahlen), seien nicht nur Treffen mit israelischen Politikern aller möglichen Parteien, sondern auch mit palästinensischen Politikern in den besetzten Gebieten eingeplant.

Ist der Artikel antisemitisch?

Elio Adler, der für sein gesellschaftliches Engagement von den Bundesministerien des Inneren und der Justiz zum „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ernannt wurde, sagt dazu: „Die Art der Recherche, und was man im Artikel zwischen den Zeilen lesen kann, fallen auf fruchtbaren Boden.“

Es gebe in vielen Bereichen der Gesellschaft das antisemitische Bild und Narrativ der „jüdischen Weltverschwörung“, des Einflusses und des Kaufs von Gefälligkeiten durch jüdisches Geld. „Der Artikel bedient und füttert diese antisemitische Mär“, so Adler. „Ohne dieses widerliche Bild würde der Artikel kaum ‚funktionieren‘“.

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