Politik

Der tiefe Sturz des Manfred Weber

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Als Manfred Weber im November in Helsinki zum EVP-Spitzenkandidaten für die Europawahl ausgerufen wird, dröhnt aus den Lautsprechern ein Welthit der Popgruppe Queen: „One Man, One Vision“ – „ein Mann, eine Vision“.

Große Politshow für einen Mann, der stets als leiser Vertreter seiner Zunft galt.

So richtig zusammen passte das schon damals nicht. Weber witterte dennoch die Chance seines Lebens, „völlig neue Perspektiven für die CSU“, wie er bei seinem Verzicht auf einen möglichen Parteivorsitz erklärte. „Bayern ist meine Heimat, Europa meine Zukunft“, erklärte er trocken.

Arrogant wirkte Manfred Weber nicht, aber reichlich siegesgewiss. Zu den ersten Gratulanten zählte Angela Merkel, die am Ende ihrer Rede sagte: „Mein Herz schlägt für Manfred Weber“.

Der 46-Jährige begann seinen Wahlkampf sehr bewusst mit einem ersten Besuch im NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Seine Vorstellung von der neuen EU: „Es muss wieder klar werden, dass die Menschen selbst die Richtung entscheiden, nicht gefühlt Brüsseler Eliten auf abstrakten Entscheidungsebenen.“

  • Kommentar

    Zu kurz gedacht

    Okay, damit hätte man nicht gerechnet. Nach der Klatsche am Montag hatte Angela Merkel am Dienstag mit ihrem Plan B erst einmal Erfolg.

  • Entscheidung gefallen

    Amtlich: Von der Leyen soll neue EU-Chefin werden

    Paukenschlag beim EU-Gipfel: Im Postenpoker hat Ratspräsident Tusk Verteidigungsministerin von der Leyen als neue EU-Chefin nominiert.

Es klang wie eine Hoffnung. Im Nachhinein war es eine böse Vorahnung.

Weber quälte sich durch TV-Duelle, durch Bierzelt-Auftritte, alles in der Annahme, dem Sieger der Europawahl winke tatsächlich der Top-Job in Brüssel.

Er legte sich mit Ungarns Regierungschef Orban an, sorgte für dessen Suspendierung aus der EVP, worauf der ihm prompt seine Unterstützung entzog. Er setzte auf Österreichs Kanzler Kurz als Verbündeten, bis dessen Regierung im Zuge des FPÖ-Skandals implodierte.

In der Wahlnacht scheint der Traum zum Greifen nah. Weber kommt spät in einen Hotelsaal unweit des Parlaments, ruft: „Good evening, Brussels“, mit Siegerlächeln, trotz Schrammen.

Da ahnt er noch nicht, dass ihn die zweit- und drittplatzierten Fraktionen im Parlament, die Sozialdemokraten und Liberalen, hart auflaufen lassen werden bei seiner Mehrheitssuche.

Größe zeigte er dennoch: Minuten vor der Kür von der Leyens gestand er gestern in Straßburg offen seine Schlappe ein. „Hier hat meine Reise im letzten September als Spitzenkandidat begonnen, hier endet sie“, sagt er. „Es war kein leichter Tag für mich.“

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