Politik

Brandbrief an Kevin Kühnert

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„Werter Herr Kühnert,

ich habe ungefragt 25 Jahre am letzten Sozialismus-Experiment auf deutschen Boden teilgenommen und stehe für einen weiteren Anlauf für einen wie auch immer gearteten Sozialismus nicht zur Verfügung.

Sämtliche Spielarten dieser Vision waren oder sind das Gegenteil von demokratisch. Die von Ihnen angestrebte Koppelung von Demokratie und Sozialismus ist ein guter Marketing-Trick, funktioniert aber nicht.

Was einmal in den Versionen von Stalin, Mao, Pol Pot bis zu Castro, Ceausescu oder Honecker flächendeckend und durchaus blutig widerlegt wurde, braucht keinen neuen Test.

  • Irrer Vorstoß des Juso-Chefs

    Kühnert will BMW enteignen

    Krasser Vorstoß von Juso-Chef Kühnert: Er setzt auf Enteignungen – bei Unternehmen und Wohnungen. Er spricht von „Kollektivierung“.

Ihre eigene Partei ist Opfer verschiedener Sozialismen geworden, bezahlt dafür etwa in Ostdeutschland noch heute einen hohen Preis in Form drohender Marginalisierung. Jene SPD-Genossen, die dem Moskauer Hotel Lux und Stalins Säuberungen entkamen, haben Nachkriegsdeutschland mit aufgebaut, und es erfasst mich ein nahezu körperlicher Zorn, wenn Leute wie Sie mit polithistorischer Wurstigkeit über die Schicksale und Lebensleistungen dieser Menschen hinweg parlieren.

Gleichermaßen abschlägig möchte ich Ihre Überlegungen zur Verstaatlichung von BMW und anderen Wirtschaftseinheiten bescheiden.

Wegen verschiedener politischer Unstimmigkeiten hatte ich in der DDR die Gelegenheit anstelle eines Studiums nach dem Abitur im damaligen Berliner volkseigenen Kombinat NARVA in drei Schichten an der Glühlampen-Produktion teilzunehmen.

Die Vergesellschaftung hat sich nicht segensreich auf Arbeitsbedingungen oder Produktivität ausgewirkt. Wenn Sie Gemeinschaftseigentum suchen, gehen Sie in einen Kibbuz. Für alles andere sind GBR, GmbH oder Aktiengesellschaften probate und durchaus weltweit erfolgreiche Unternehmensformen. Auch gegen Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen ist nichts zu sagen.

Flächendeckendes Staatseigentum an Produktionsmitteln, wie Marx es sich vorstellte, führt zwingend zu Planwirtschaft und birgt zudem stets die Konsequenz-Falle in sich, jene politisch repressiv zu verfolgen, die am privaten Gewinnstreben festhalten und sich Ihre persönlichen Lebensträume mithilfe größerer Vermögen erfüllen möchten.

Kollektive unternehmerische Entscheidungen haben auch im ehemaligen Jugoslawien nicht zum gewünschten Erfolg geführt, weil etwa Belegschaften sich den Betriebsgewinn lieber bar als Bonus auszahlen ließen, anstatt in Innovation und Zukunft zu investieren.

Kurz: Vergessen Sie’s! Ökonomischer Unsinn wird durch Neuaufguss nicht besser.

  • Kommentar

    Die SPD hat mehr als ein Kühnert-Problem

    Juso-Chef Kevin Kühnert steht nach seinen Sozialismus-Thesen massiv in der Kritik. Dazu ein Kommentar.

Ich persönlich würde mich freuen, wenn in der SPD-Nachwuchsorganisation nicht die widerlegten Ideen von gestern nachwachsen würden.

Im Rahmen meiner begrenzten Lebenszeit finde ich es nicht wirklich erbaulich, mich gleich mehrfach mit dem gleichen sozialistischen Murmeltier herumärgern zu müssen.

In diesem Sinne hoffe ich, von jetzt nicht täglich, sondern letztmalig grüßen zu müssen.“

  • Kommentar

    Höchste Zeit!

    Sie bringt nichts, keiner will sie – und alle machen weiter! Die Sommerzeit ist Unsinn mit Methode! Ein Kommentar.

*Ralf Schuler (Jg. 1965, verh. drei Kinder) ist Leiter der Parlamentsredaktion von BILD.
Er absolvierte zu DDR-Zeiten nach dem Abitur eine Lehre als Mechaniker (Metallverarbeitung), später wurde er Journalist. Schuler begann 1985 bei der „Neuen Zeit“, war von 1995 bis 1998 Redakteur der „Welt“, danach bis 2010 Politikchef der „Märkischen Allgemeinen“ in Potsdam. 1993 wurde er mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet

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