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Weil er kein Christ ist, ließen die Taliban ihn laufen

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Quelle: BILD / Ronzheimer, Diekmann, Moutafis
3:10 Min.

In den Straßen von Kabul, in denen immer ein Anschlag droht, eine Bombe hochgehen kann, steht Zaboab Simintov (59) völlig selbstverständlich mit einer Kippa auf dem Kopf vor seinem Haus. Es ist später Nachmittag, im Zentrum herrscht viel Verkehr, die Geschäfte sind geöffnet.

Die Angst, die selbst manche Juden in Berlin-Neukölln beim Tragen der Kopfbedeckung haben, teilt er hier nicht: „Mich kennen in Kabul alle Nachbarn, keiner hat ein Problem mit Juden.“

Simintov ist aber nicht einer von vielen Juden. Er ist der letzte Jude, den es noch in Afghanistan gibt. Das sagt er, und das sagen auch offizielle Regierungsstellen in Kabul.

BILD-Reporter haben ihn besucht.

„Es stimmt, ich bin der Letzte hier, meine Familie ist nach Israel ausgewandert, so wie viele andere. Die meisten verließen Afghanistan, als Israel gegründet wurde, und danach, als die Kommunisten das Land kurzzeitig übernahmen.“

Bis ins frühe 19. Jahrhundert lebten laut Schätzungen 40.000 Juden im Land.

Seine Familie, insgesamt hat er fünf Geschwister, lebt mittlerweile auch in Israel, genauso wie seine Ehefrau und die zwei Töchter. Er will dorthin niemals auswandern. „Ich spreche kein Hebräisch, ich bin Afghane. Warum sollte ich in ein anderes Land gehen?“

Selbst als die Taliban einfielen, flüchtete Simintov nicht aus der Stadt. Die Terroristen sperrten ihn für drei Wochen in ein Gefängnis, ließen ihn danach wieder frei. „Sie dachten, ich sei ein Missionar, der Menschen vom Christentum überzeugen wolle. Als sie erkannten, dass ich Jude bin, durfte ich gehen.“

Heute lebt er in einem 15-Quadratmeter-Zimmer in einem Haus im Zentrum der Stadt. Früher arbeitete er als Edelsteinhändler, jetzt kümmert er sich vor allem um die
Synagoge, die auf dem gleichen Flur seiner Wohnung liegt. Hier betet er als einziger Jude des Landes.

In Kabul ist bekannt, dass es die Synagoge gibt, Präsident Ashraf Ghani kennt er persönlich. Fast zerstört wurde sie durch einen Anschlag, der im Jahr 2016 eigentlich der deutschen Botschaft in Afghanistan galt, als zwei Lastwagen explodierten.

„Da wackelten die Wände bis hierher“, sagt Simintov.

Beim Wiederaufbau halfen ihm junge muslimische Afghanen. Simintov: „Ich bin sehr glücklich, dass ich von meinen muslimischen Freunden so viel Unterstützung bekomme und hoffe, dass mehr Juden aus der ganzen Welt zu Besuch kommen. Momentan suche ich dringend eine
Thora für die Synagoge.“

Die hebräische Bibel schickte ihm bisher noch niemand nach Kabul.

Ein Beauftragter gegen Muslimfeindlichkeit?

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