Politik

Wachkoma-Patientin darf sterben

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Konkrete Patientenverfügungen sind bindend, auch wenn es um den eigenen Tod geht!

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in einem Urteil entschieden.

▶︎ In dem verhandelten Fall ging es um eine Wachkoma-Patientin (78). Die Frau aus Bayern erlitt 2008 einen Schlaganfall und musste seitdem künstlich ernährt werden. In ihrer Patientenverfügung lehnte sie lebensverlängernde Maßnahmen ab, wenn „keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht“.

Die Richter gaben ihrem Willen nun statt und urteilten, dass sich auch die Gerichte an eindeutige Patientenerklärungen halten müssen (Az: XII ZB 107/18).

Auch der Ehemann muss danach den Sterbewunsch seiner Frau akzeptieren. Dessen Beschwerde gegen eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Landshut wies der BGH ab. Der Sohn ist im Unterschied zum Ehemann der Ansicht, dass seine Mutter gewollt hätte, dass künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr eingestellt werden.

▶︎ In ihrer Verfügung von 1998 hatte die Frau angegeben, Behandlung und Pflege sollten auf die Linderung von Schmerzen ausgerichtet sein, auch wenn dies die Lebenserwartung verringern könne. Ähnlich äußerte sie sich gegenüber Angehörigen. Nach dem Schlaganfall sagte sie zudem einer Therapeutin: „Ich möchte sterben.“

Der Fall hat große Bedeutung

Der Fall hat grundsätzliche Bedeutung, weil es darum ging, wie konkret Menschen für den Ernstfall festhalten müssen, wann sie weiterleben wollen und wann nicht, damit ihre Wünsche berücksichtigt werden.

Die allgemeine Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wollen, reicht zum Beispiel in der Regel nicht aus. Genauso wenig „allgemeine Anweisungen wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist“.

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Die Anforderungen an die Konkretheit einer Patientenverfügung dürften „jedoch nicht überspannt werden“, urteilten die Richter zugleich. Vorausgesetzt werden könne nur, dass der Betroffene festlege, welche ärztlichen Maßnahmen er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation wolle und welche nicht.

Zunächst lehnten die Vorinstanzen eine Genehmigung dafür, dass die Versorgung eingestellt wird, ab. Schon Anfang 2017 hatte der BGH allerdings Zweifel angemeldet, ob die Vorinstanzen von der Patientenverfügung nicht zu viel verlangt hatten.

Durch ein Gutachten wurde nun eindeutig eine schwerste Gehirnschädigung bei der Frau bestätigt. Dies untermauert die Wirksamkeit der von der Frau verfassten Patientenverfügung, die damit laut BGH „bindend“ sei. Eine gerichtliche Entscheidung über den Abbruch der lebenserhaltenden Maßnahmen sei nicht erforderlich.

Was die Patientenvertretung rät

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wertete das Urteil als Aufforderung, Patientenverfügungen so konkret wie möglich zu verfassen. „Wenn es keine Auslegungsmöglichkeiten gibt, werden Streitereien überflüssig“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Die Entscheidung zeige zudem, wie wichtig neben der Patientenverfügung auch eine Vorsorgevollmacht sei, fügte Brysch hinzu. Darin wird eine Vertrauensperson bestimmt, die im Sinne des Patienten entscheidet und auch die Patientenverfügung umsetzt.

▶︎ „Fehlt ein Bevollmächtigter, muss das Gericht einen oder mehrere Betreuer einsetzen“, erläuterte der Vorstand. „In der Vollmacht sollten aber nicht mehrere Personen als gleichberechtigte Bevollmächtigte festgelegt werden. Das führt immer wieder zu Konflikten, wenn sich die Vertrauenspersonen nicht einig sind.“

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