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So mies geht es den Griechen wirklich

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Nach seinem deutlichen Sieg bei den Parlamentswahlen ist der Konservative Kyriakos Mitsotakis (51) als neuer Regierungschef Griechenlands vereidigt worden. Der Vorsitzende der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND) legte am Montag seinen Amtseid ab und preschte mit populistischen Versprechen wie Steuersenkungen und Rentenerhöhungen vor.

Da werden unschöne Erinnerungen wach: Die Konservativen waren in Griechenland auch von 2004 bis 2009 an der Macht – in der Periode, die die hellenische Halbinsel in die Katastrophe führte, den Beinahe-Staatsbankrott. Vorausgegangen waren Jahre, in denen verschwenderische Staatsausgaben das Land Richtung Abgrund führten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (64, CDU) machte sich für Rettungsschirme und den EU-Verbleib der Griechen stark. Hierzulande erntete sie viel Spott dafür, die EU zur Melkkuh verkommen zu lassen, in Griechenland wurde sie zum Sinnbild für erdrückende Sparmaßnahmen. Die Staatsfinanzen waren am Ende, einfach konnte man es den Griechen nicht machen.

Der linke Regierungschef Alex Tsipras konnte in den letzten Jahren trotz großer Anstrengungen nur wenig daran ändern.

Kann sich Griechenland die von Mitsotakis versprochenen Regierungs-Geschenke nun überhaupt leisten? Wie sehr hängen die Griechen weiterhin am Tropf der EU?

Wie steht die griechische Wirtschaft da?

▶︎ Das Wirtschaftswachstum liegt bei 0,2 Prozent im ersten Quartal. Nur: Während der Finanz- und Euro-Krise war die griechische Wirtschaft um ein Drittel geschrumpft, die Wirtschaftskraft liegt noch um 20 Prozentpunkte hinter den Werten von 2007 zurück.

Seit Ende 2016 wächst die griechische Wirtschaft wieder zaghaft, knapp über dem Null-Wachstum. Immerhin wird vonseiten der EU in Zukunft wieder mit einem Wachstum von etwas mehr als zwei Prozent gerechnet – das läge sogar über dem EU-Durchschnitt.

Hintergrund: Die neue Regierung verspricht, die Wirtschaft wieder für Investitionen aus dem Ausland attraktiv zu machen und Steuern zu senken.

▶︎ Die Arbeitslosenquote liegt bei weiterhin sehr hohen 18 Prozent. Doch die Zahlen sinken kontinuierlich. Zum Vergleich: Anfang 2018 lag die Quote noch bei über 20 Prozent, im Höchststand (2013) sogar bei 27 Prozent.

Für Klaus Schrader vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) ist das längst kein Grund zur Entspannung. Besonders die Jugend kämpfe mit schwierigen Perspektiven, werde in den Niedriglohnsektor gedrängt.

„Aktuell ist fast jeder sechste Grieche ohne Arbeit, bei den Jugendlichen ist es sogar mehr als jeder dritte. Neue Arbeitsplätze wurden eher im Niedriglohnbereich geschaffen“, sagte Schrader zu BILD. Vor allem in der Tourismusbranche würden solche Jobs entstehen. Und die gut ausgebildeten Jugendlichen verlassen das Land.

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Sind Steuersenkungen wirklich der erwartete Heilsbringer?

Dem trägen Wirtschaftswachstum stehen weiterhin hohe Steuern entgegen, die die Griechen belasten. Tsipras hat mit seiner harten Steuerpolitik auch zu Steuerflucht beigetragen. Allerdings waren die hohen Steuern auch notwendig, um weitere Rettungspakete von der EU zu bekommen. Hier braucht es jetzt also Augenmaß, Erleichterungen sind aber dringend nötig.

Schrader zu BILD: „Die neue griechische Regierung muss vor allem ihr Versprechen halten, die Rahmenbedingungen für Investoren aus dem In- und Ausland zu verbessern.“ Entbürokratisierung, mehr Rechtssicherheit, Fortführung der Privatisierung und Zugang zu Unternehmenskrediten seien hier die Schlagworte.

Sind die Griechen weiterhin hoch verschuldet?

Obwohl die Reformanstrengungen des Landes Wirkung zeigen, ist die Staatsverschuldung Griechenlands mit über 180 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2018 mit Abstand die höchste in der Euro-Zone.

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Wie wichtig ist die Außenwirtschaft für Griechenland?

Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner Griechenlands! Die griechischen Einfuhren stammen laut EU-Angaben zu 55 Prozent aus EU-Mitgliedstaaten, aus Deutschland werden die meisten Waren importiert (Marktanteil: elf Prozent).

Auch bei den Exporten ist Deutschland weit vorne. Die Deutschen lieben griechische Lebensmittel. Nur nach Italien exportieren die Griechen noch mehr Güter.

Und der Export ist die Säule der griechischen Wirtschaft und trägt den (wenn auch geringen) Aufschwung! 2018 betrug der Zuwachs satte 8,7 Prozent!

Zahlt die EU weiterhin für Griechenland?

Ja, die Ausgaben der EU in Griechenland sind weiterhin deutlich höher als die Beteiligung Griechenlands am EU-Haushalt. Die Gesamtausgaben der EU in Griechenland lagen 2017 bei 5,13 Milliarden Euro. Der griechische Beitrag zum EU-Haushalt lag hingegen nur bei 1,25 Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Die Gesamtausgaben der EU in Deutschland betragen 10,93 Milliarden Euro, wohingegen Deutschland 19,59 Milliarden Euro für den EU-Haushalt ausgibt.

Wie geht es dem griechischen Finanzmarkt?

Der Sieg der oppositionellen Konservativen bei der griechischen Parlamentswahl hievte den Athener Leitindex zunächst auf ein Viereinhalb-Jahres-Hoch von 900,31 Punkten.

Er rutschte bis zum frühen Montagnachmittag aber wieder 1,3 Prozent ins Minus. Damit liegt er aber immer noch rund 20 Prozent über dem Niveau, das der Index vor Ankündigung der vorgezogenen Neuwahlen Ende Mai hatte.

Fazit: Die Lage in Griechenland bleibt trotz geringfügiger Entspannung schwierig.

„Das Land ist für Investoren unattraktiv, die Wertschöpfung der griechischen Industrie ist gering und es fehlen gut bezahlte Tätigkeiten etwa in den Bereichen IT und Digitalisierung“, sagte Schrader vom IfW weiter.

Griechenland sei daher leider nicht auf einem Weg zurück zu altem Wohlstand, sondern knüpfe eher an die bescheidenen Lebensverhältnisse der 1980er- und 90er-Jahre an.

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