Politik

Irre, wer alles ins EU-Parlament will

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Nichte von Sophia Loren kandidiert in Italien, Griechen-Clown Varoufakis tritt in Deutschland an +++ Außerdem TV-Köchin Sarah Wiener, Ex-Tennis-Star Ilie Nastase, Basketball-Legende Sarunas Marciulionis

Vom 23. bis 26. Mai wählen die Europäer das EU-Parlament. Wissen Sie schon, wen Sie nach Europa schicken? Die Auswahl ist groß – und nicht alle Kandidaten sind erste Wahl. BILD zeigt eine Auswahl skurriler und prominenter Namen. Irre, wer so alles nach Europa will!

Clowns für Deutschland

Nanu, der ist doch gar kein Deutscher? Richtig: Yanis Varoufakis (58) war auf dem Höhepunkt der Euro-Krise Griechenlands Finanzminister, rang mit seinem deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble um die Milliardenhilfen für das bankrotte Land und versetzte dabei den deutschen Steuerzahler in Angst und Schrecken.

Nun nutzt er seinen Berliner Wohnsitz, um als deutscher Kandidat für seine linke Liste „DiEM25“ ins Europa-Parlament zu kommen. Sollte Varoufakis gewählt werden, würde er da aber nicht lange bleiben: Im Herbst stehen in Griechenland Parlamentswahlen an, dann zieht es ihn wieder dorthin.

Die Kandidaten Bombe Krieg und Speer …

Das will Satire sein? Auf der Klamauk-Liste der „Partei“ von Komiker und Spitzenkandidat Martin Sonneborn, der seit 2014 fraktionsloser Abgeordneter in Straßburg ist, stehen folgende Namen: Bombe, Krieg, Göbbels, Speer, Bormann, Eichmann, Keitel, Hess. Lustig oder nicht – das ist wohl Geschmacksache.

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Wiener für Österreich

Fernsehköchin und Restaurant-Betreiberin Sarah Wiener (56) tritt auf Listenplatz zwei für die österreichischen Grünen an. Ihre Themen: nachhaltige Landwirtschaft, gesunde Ernährung und Biodiversität sowie Tierschutz. Die österreichischen Grünen liegen laut Umfragen derzeit bei etwa sieben Prozent Stimmenanteil.

Italien: Auflauf historischer Gestalten

Ein ganz alter Hase tritt wieder an: Silvio Berlusconi macht mit 82 Jahren Wahlkampf „wie vor 25 Jahren“, wie er sagt, kandidiert als Spitzenkandidat seiner Partei „Forza Italia“. Vielleicht auch, weil der Job als EU-Parlamentarier Immunität vor Strafverfolgung bietet? Rückschläge macht ihm allerdings seine Gesundheit zu schaffen: Am Dienstag musste er mit einer Nierenkolik ins Krankenhaus, ein Wahlkampftermin wurde daraufhin abgesagt.

Doch auch sonst zeigt sein Wahlkampf, wie sich die Zeiten gewandelt haben: Galt der frühere Ministerpräsident (1994 bis 1995 und 2001 bis 2011) einst als Inbegriff des Populisten, warnt er heute vor eben diesen. Italien drohe wegen der aktuellen Regierung („eine Mischung aus Dilettantismus und Ideologie der alten Linken“, sagt Berlusconi) der Bankrott.

Mit ihm kämpft eine Enkelin des faschistischen Diktators Benito Mussolini, Alessandra Mussolini. Sie ist die Nichte von Film-Diva Sophia Loren, hatte sich vor ihrer Politik-Karriere als Schauspielerin („Phantom Fighters“, 1990) und Model („Playboy“-Titelblatt Italien im August 1983) versucht. Ihr Vater war der Jazz-Musiker Romano Mussolini.

Alessandra sitzt seit 2014 im Europa-Parlament, wo sie bereits von 2004 bis 2008 ein Mandat für die neofaschistische „Alternative Soziale“ ein Mandat hatte. Dazwischen hatte sie Ämter in beiden Kammern des italienischen Parlaments.

Auf Twitter lieferte sie sich neulich einen Schlagabtausch mit US-Comedian Jim Carrey und nannte ihn einen „Bastard“. Carrey hatte eine Karikatur mit dem erhängten Diktator Mussolini geteilt. Ihr Instagram-Account wurde am Montag gesperrt, angeblich weil sie dort ein Foto des Familiengrabs der Mussolinis geteilt hatte.

▶︎ ︎Und noch ein Mussolini-Nachfahre ist bei der Wahl dabei: Caio Giulio Cesare Mussolini, der für die Rechtspartei „Brüder Italiens“ kandidiert. Der Diktator-Urenkel schäme sich seiner Familie nicht, sagt er, auch wenn der Faschismus mit Benito Mussolini gestorben sei.

Großbritannien: Duell der Brexit-Schwestern

Der prominenteste EU-Gegner ist seit 20 Jahren im EU-Parlament, und das wird ihn auch jetzt nicht los. Ganz im Gegenteil: Nigel Farage (55) hat Chancen, die Wahl in Großbritannien zu gewinnen und die größte britische Fraktion im EU-Parlament zu stellen. Umfragen sehen seine neu gegründete „Brexit Party“ auf Platz eins, weit vor Labour und den Tories. Vor allem Konservative laufen massenweise zu „Brexsack“ Farage über, aus Frust darüber, dass die Briten noch nicht aus der EU ausgetreten sind.

  • Brexit-Aufschub

    Versauen uns die Briten die Europawahl?

    Der No-Deal-Brexit ist erst mal vom Tisch, die Frist verlängert. Nehmen die Brexit-Briten jetzt wirklich an der Europawahl teil?

Mit ihm kandidiert Annunziata Rees-Mogg (40), die Schwester des prominenten Vertreters der harten Brexit-Fraktion bei der Tory-Partei, Jacob Rees-Mogg. Annunziata will endlich in der Politik Fuß zu fassen. Bei ihrem ersten Versuch, damals für die Tories, riet ihr die Partei, sich in „Nancy Mogg“ umzubenennen, um ihre Herkunft – erzkatholisch und Upper-Class – zu verwischen. Sie hielt sich nicht daran – und verlor die Wahl.

Auf der Gegenseite kandidiert Rachel Johnson (53), die Schwester von Brexit-Wortführer und Ex-Außenminister Boris Johnson. Wie der Rest der Familie – mit Ausnahme von Boris – kämpft sie für den Verbleib Großbritanniens in der EU und tritt für die neu gegründete Remain-Partei mit dem unpassenden Namen „Change UK“ an. In Großbritannien ist Rachel Johnson – wie ihr Vater Stanley und Bruder Jo – prominent: Spätestens seit ihrem Auftritt im „Big Brother“-Haus 2018 kennen die meisten Briten sie.

Frankreich: Promi-Philosoph will Sozialisten retten

Vater André Glucksmann war erst maoistischer Star-Philosoph und wurde später konservativ. Sein Sohn Raphaël Glucksman (39) war erst liberaler Transatlantiker und tritt jetzt mit einer neuen Partei gemeinsam mit Frankreichs Sozialisten an, oder besser: was von ihnen übrig bleibt. Der frühere Kriegsreporter, der mit Frankreichs Star-Journalistin Léa Salamé liiert ist, will die moderate Linke hinter sich vereinen. Das gelingt ihm bislang nur bedingt: Umfragen sehen seine Liste bei etwa fünf Prozent Wahlstimmenanteil.

Eine seriöse Kandidatin ist die bisherige Europaministerin von Präsident Emmanuel Macron, Nathalie Loiseau (54). Sie tritt für die liberale Liste „Renaissance“ an, die wie die FDP zur ALDE-Fraktion im Europa-Parlament gehört.

Laut Umfragen liegt sie in Führung, hat aber ein Glaubwürdigkeits-Problem: Sie hatte laut „Politico“ 19-mal abgestritten, fürs EU-Parlament kandidieren zu wollen, bevor sie plötzlich verkündete, ihre Meinung geändert zu haben.

Europaweit wurde ihre Anekdote berichtet, wonach der Brexit sie an ihre Katze erinnere, die erst raus wolle, dann aber nicht gehe, wenn man ihr die Tür öffnet. Doch die war frei erfunden: Sie habe gar keine Katze, räumte sie später ein.

  • „Unstimmigkeiten“

    Macron grenzt sich von Merkel ab

    Bei der Vorstellung seiner Reformpläne hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Differenzen mit Kanzlerin Angela Merkel eingeräumt.

Der rechtspopulistische „Rassemblement National“ (ehemals „Front National“) von Marine Le Pen tritt bei dieser Europawahl mit einem ganz frischen Gesicht an: Jordan Bardella ist erst 23 Jahre alt, wird im nächsten EU-Parlament aber wohl ein wichtiger Akteur einer Allianz von Euroskeptikern aller Länder. Die Partei kann mit mehr als 20 Prozent Zustimmung rechnen.

Ex-Tennis-Star kandidiert in Rumänien

Ilie Nastase, frühere Nummer eins der Tennis-Weltrangliste, kandidiert für die rumänische Kleinpartei UNPR (Nationale Union für den Fortschritt Rumäniens).

Der Ruf des 72-Jährigen hat zuletzt etwas gelitten. Voriges Jahr lieferte sich Nastase ein Handgemenge mit Polizisten und wurde in Handschellen abgeführt. Er war am selben Tag zweimal in Bukarest von der Polizei gestellt worden: Zuerst verlor er wegen Trunkenheit am Steuer den Führerschein, wenige Stunden später stoppte man ihn wegen Fahrens ohne Führerschein. Auf den Tennisplätzen der Welt trug Nastase einst den Spitznamen „Nasty“ (englisch: fies) – wegen seines rüpelhaften Benehmens.

In der Boulevardpresse fällt Nastase zudem wegen seines dort als dynamisch beschriebenen Liebeslebens auf. Demnächst will er seine 43 Jahre alte neue Freundin als fünfte Ehefrau zum Traualtar führen.

Basketball-Legende tritt im Baltikum an

In Litauen wagt sich Basketball-Legende Sarunas Marciulionis auf das politische Parkett. Einst der erste Spieler aus der Sowjetunion in der amerikanischen Profi-Liga NBA, will der 54 Jahre alte Politik-Neuling nun für den regierenden Bund der Bauern und Grünen ins Europaparlament.

Allerdings bleibt abzuwarten, ob der 1,96 Meter große Ex-Sportler für die Mitte-Partei bei den Wählern so punkten kann wie damals in der Basketball-Auswahl der Sowjetunion und von 1991 an für sein wieder unabhängiges Heimatland.

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