Politik

Das sagen Deutsch-Briten in London zum Brexit-Showdown

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… während Theresa May im Parlament noch einmal für ihr Abkommen trommelt

Montag, der Tag vor der entscheidenden Brexit-Abstimmung im britischen Parlament. Demonstranten bringen sich in Stellung, während im Parlament Theresa May noch einmal für ihr umstrittenes Abkommen mit der EU wirbt.

► May versucht es mit Engelszungen, mit einem Appell an die Abgeordneten, sich den Ausstiegsvertrag noch einmal anzusehen, den sie mit der EU ausgehandelt hat.

► May versucht es mit Pathos: „Wenn die Geschichtsbücher geschrieben werden, werden die Leute auf die Entscheidung dieser Kammer morgen blicken und fragen: ‚Haben wir das Votum des Volkes befolgt, die Europäische Union zu verlassen? Haben wir unsere Wirtschaft, unsere Sicherheit und unsere Union beschützt? Oder haben wir das britische Volk im Stich gelassen?‘“

► May versucht es mit Härte, als Oppositionschef Jeremy Corbyn kein gutes Haar an ihrer Rede lässt („nichts als warme Worte“). Im Gegenzug wirft sie ihm Handeln aus Partei-Kalkül vor, nicht aus Verantwortung für das Land.

Was die Brexit-Hardliner an der EU stört

Draußen tobt der Kampf um die öffentliche Meinung. Ein Grüppchen Brexit-Befürworter hat sich mit Plakaten vor der Einfahrt zum Parlament für die Abgeordneten aufgestellt. „Leave means leave“, austreten heißt austreten, steht auf dem Plakat einer Britin, die auch eine Deutsche ist – Karin (50) aus NRW. Sie hat beide Staatsbürgerschaften, aber „ich bin hier fest“, sagt sie, „und zwar seit 25 Jahren“.

Sie ist sich sicher: Die EU sei kein haltbares Konstrukt, sondern das Produkt von „Globalisten“ und Spekulanten, und auch nur sie profitierten davon. Karin will keinen europäischen Superstaat, das ist für sie Synonym von Schuldenunion und Verlust der Souveränität.

  • EU und May für Aufschub!

    Wird der Brexit in letzter Minute veschoben?

    Ja, was denn nun? Die Europäische Union rechnet damit, dass der Brexit doch nicht wie geplant Ende März stattfindet.

Frieren für den Exit vom Brexit

Auf der anderen Seite steht eine viel größere Gruppe von Remainern – also Menschen, die für den Verbleib Großbritanniens in der EU sind und den Brexit am liebsten abblasen wollen. Unter ihnen ist Gemma Knowles (42), die aus Regensburg angereist ist, um in der Kälte stundenlang neben den EU-Fahnen zu stehen.

Sie ist Britin, hat aber einen Deutschen geheiratet, die drei Kinder des Paares haben beide Staatsbürgerschaften. Weil sie seit mehr als 15 Jahren nicht mehr in Großbritannien lebt, durfte sie beim Brexit-Referendum gar nicht abstimmen.

Aber: „Für mich hat der Brexit Konsequenzen“, sagt sie. Sie fürchtet Einschränkungen bei der Freizügigkeit. Denn der Brexit-Deal, den Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelt hat, sieht vor, dass EU-Bürger möglicherweise künftig ein Mindesteinkommen vorweisen müssen, wenn sie sich im Vereinigten Königreich niederlassen wollen.

„Was ist, wenn ich in zehn Jahren meine Eltern in Großbritannien pflegen muss?“ Muss sie sich dann zwischen ihrem Mann und ihren Kindern in Deutschland und ihren Eltern entscheiden? Daran zu denken, mache sie kaputt, sagt Gemma Knowles.

Marina Gerner (30) aus Frankfurt am Main ist zum Studieren nach England gekommen. Die Kultur- und Finanzjournalistin fühlt sich hier nach zwölf Jahren so heimisch, dass sie Britin werden wollte. Zwar raubt ihr der Brexit nicht den Schlaf, aber um sicherzugehen, hat sie sich dann doch damit beeilt, den britischen Pass zu holen.

Dr. Joshua Maxey (45) ist in Dortmund und Detmold aufgewachsen, ist halb Amerikaner, hat aber nur den deutschen Pass. Obwohl er seit 1987 in Großbritannien lebt, durfte er beim Referendum also nicht mitbestimmen. Der Finanz-Unternehmensberater fürchtet, dass in seiner Branche hochqualifizierte Fachkräfte aus Europa ausbleiben und gute Arbeitsplätze unbesetzt bleiben, weil Europäer es sich zweimal überlegen, nach London zu kommen, wenn sie sich unerwünscht fühlen.

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