Politik

Britisches Parlament erzwingt Brexit-Abstimmung

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Drei Staatssekretäre zurückgetreten

Quelle: Reuters
1:53 Min.

Für Großbritannien und die gesamte Europäische Union geht es um die Frage: Geregelter Brexit oder Chaos? Für die britische Premierministerin Theresa May (62, Tories) knüpft sich an diese Frage auch ihr politisches Überleben.

Theresa May kämpft. Sie will eine Entscheidung für ihren Brexit-Weg im britischen Parlament erzwingen. Dabei ist sie schon zweimal mit diesem Versuch gescheitert. Doch May will weiter mit dem Kopf durch die Wand – obwohl auch in dieser Woche keine Mehrheit in Sicht ist.

Vor dem dem Briten-Parlament gestand sie am Montag ein: Es sieht so aus, als würde das Parlament den Vertrag auch im dritten Versuch nicht annehmen.

„Nach jetzigem Stand gibt es noch immer keinen ausreichende Unterstützung im Unterhaus, um das Abkommen für eine dritte Abstimmung vorzulegen“, sagte May.

Zuvor war spekuliert worden, das Parlament könnte bereits an diesem Dienstag erneut über den Deal abstimmen. Sie arbeite aber daran, eine Abstimmung noch in dieser Woche zu ermöglichen, so May.

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Parlament will über Alternativen abstimmen

Im Parlament gab es am Montag eine hitzige Debatte über die weiteren Brexit-Schritte. Um 23.15 Uhr dann die Entscheidung: Das britische Parlament wird gegen den Willen der Regierung am Mittwoch über Alternativen zum Brexit-Abkommen abstimmen.

Ein entsprechender Antrag wurde mit einer Mehrheit von 329 zu 302 Stimmen im Unterhaus angenommen.

Als Optionen werden unter anderem eine engere Anbindung an die EU oder auch ein zweites Referendum gehandelt. Aber auch ein Brexit-Aus durch Zurückziehen der Austrittserklärung ist im Gespräch. Ein Votum für eine dieser Varianten wäre rechtlich zwar nicht bindend, würde aber einen Hinweis darauf geben, wofür es eine Mehrheit im Parlament geben könnte.

Kritik von britischer Regierung

Das Unterhausvotum bedeutet eine neue Schlappe für May. Die Premierministerin hatte sich mehrfach dagegen ausgesprochen, dass das Parlament eine größere Rolle im Brexit-Verfahren erhält. Das Brexit-Ministerium erklärte nach der Abstimmung, das Votum sei „enttäuschend“ und bringe das „Gleichgewicht zwischen unseren demokratischen Institutionen“ durcheinander.

„Roulette mit dem Schicksal der Bevölkerung“

Im Streit um den Brexit-Kurs traten drei britische Staatssekretäre zurück. Industrie-Staatssekretär Richard Harrington gab seinen Rücktritt am Montagabend über den Kurzbotschaftendienst Twitter bekannt. Nach Angaben aus Regierungskreisen scheiden zudem Außenstaatssekretär Alistair Burt und Gesundheitsstaatssekretär Steve Brine aus der Regierung von Premierministern Theresa May aus.

Die drei Staatssekretäre hatten am Montagabend für mehr Befugnisse des Unterhauses im Brexit-Prozess gestimmt – gegen den erklärten Willen der Regierungschefin.

Der scheidende Industrie-Staatssekretär Harrington warf der Regierung in seinem Rücktrittsschreiben vor, „Roulette“ mit dem Schicksal der Bevölkerung zu spielen. Er wolle alles ihm mögliche unternehmen, um einen EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen zu verhindern.

Spekulationen über May-Rücktritt

May hatte sich am Morgen mit ihrem Kabinett zu einer Sondersitzung getroffen. Zuvor war spekuliert worden, sie könne bereits am Montag ein Datum für ihren Rücktritt bekannt geben. Die Spekulationen hatten sich nicht bestätigt.

Britische Medien hatten am Wochenende berichtet, May könnte von ihrem Kabinett zu einem baldigen Rücktritt gezwungen werden.

Noch am Wochenende hatte May in einem Brief an die Abgeordneten gedroht, eine dritte Abstimmung über das Abkommen ausfallen zu lassen, wenn sich nicht ausreichend Unterstützung abzeichne. Dann müsse Großbritannien in Brüssel um einen weiteren Aufschub bitten, was aber eine Teilnahme an der Europawahl bedeuten würde.

Diese Drohung wiederholte sie auch in der heutigen Rede vor den Abgeordneten. Immer wieder betont sie, dass ihr Deal der „einzige Weg“ sei, einen „echten Brexit“ durchzuführen. Sollte der Deal erneut scheitern, würde es wohl einen „weichen Brexit“ geben. Damit will May die Hardliner in ihrer Partei dazu bringen, für den Deal zu stimmen.

Ursprünglich wollte Großbritannien die EU am 29. März verlassen. Die EU bot Großbritannien in der vergangenen Woche eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai an. Bedingung dafür ist allerdings, dass das Unterhaus in dieser Woche dem Austrittsvertrag zustimmt.

Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll.

EU bereitet sich auf Chaos-Brexit vor

Die EU treibt unterdessen die Vorbereitungen auf einen chaotischen Brexit weiter voran. Die EU-Kommission veröffentlichte am Montag dazu neues Informationsmaterial für Bürger. Darin ist beispielsweise beschrieben, was im Fall der Fälle bei Reisen ins Vereinigte Königreich beachtet werden muss.

Es werde immer wahrscheinlicher, dass es zu einem Brexit ohne Austrittsabkommen komme, sagte eine hohe EU-Beamtin am Montag zu den Vorbereitungen.

Sollte Großbritannien tatsächlich ohne Austrittsvertrag aus der EU ausscheiden, wird mit dramatischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet. Millionen EU-Bürger in Großbritannien und Briten in der EU würden in große Unsicherheit gestürzt.

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