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Was der Kohle-Ausstieg für Natur und Geldbeutel bedeutet

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Am Samstagmorgen um 4.55 Uhr war der historische Kohleausstieg Deutschlands beschlossen. Verhandlungsführer Ronald Pofalla (59, Bahnvorstand und Ex-CDU-Kanzleramtschef) hatte mit seiner 28-köpfigen Kohlekommission in 21 Stunden einen Kompromiss gefunden. Ein unerwarteter Erfolg mit nur einer Gegenstimme.

Die Bundesregierung hatte das Gremium eingesetzt, um einen Kompromiss zu erarbeiten. Mit dabei: Wirtschaftsvertreter und Öko-Aktivisten, Greenpeace und der Bund der Deutschen Industrie, lokale Initiativen und Vertreter der großen Stromkonzerne.

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Die Umweltverbände würden am liebsten schon 2030 aus der Stromgewinnung aus Kohle aussteigen, Vertreter der ostdeutschen Länder erst 2050. Trotzdem einigte sich die Kommission. Die wichtigsten Ergebnisse:

► Ende 2038 soll das letzte Braunkohlekraftwerk vom Netz gehen.

► Schon in den nächsten drei Jahren werden die ersten Kraftwerke abgeschaltet.

► Die Regionen, in denen heute Braunkohle abgebaut wird (Lausitz, Rheinisches Revier, Mitteldeutsches Revier) sollen in den nächsten 20 Jahren 40 Milliarden Euro an Hilfen bekommen.

► Zum Ausgleich sollen erneuerbare Energien ausgebaut werden.

► Die Kommission hält es für “wünschenswert”, dass der Hambacher Forst erhalten bleibt.

Ronald Pofalla sprach von einem “historischen Ergebnis”. Zu BamS sagte er: „Dieses Verhandlungsergebnis ermöglicht den Verbrauchern, dass sie nach 2038 sauberen und bezahlbaren Strom erhalten.“

Nicht ganz so begeistert waren die Vertreter der Umweltverbände. Sie kritisieren, dass in dem Abschlussbericht nicht aufgelistet ist, wann welches Kraftwerk vom Netz gehen soll. Kommissionsmitglied Kai Niebert (39) vom Deutschen Naturschutzring: “Ich hätte mir ein ambitionierteres Ziel gewünscht, doch der Einstieg vom Ausstieg ist geschafft. Besser schlechter Klimaschutz als gar kein Klimaschutz.”

Dr. Claudia Kemfert (50), Klimaexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, bemängelt, dass Deutschland trotz Kohleausstieg erst mal seine Klimaziele verfehle, der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht ausreichend geregelt sei und Kraftwerksbetreiber nun hohe Entschädigungen fordern könnten.

Offen ist auch, wie viel des Abschlussberichts es in ein Kohleausstiegsgesetz schafft. Denn der Kommissions-Bericht ist nur ein Vorschlag. Doch die Große Koalition ist zuversichtlich. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (50, SPD) zu BamS: „Das Ergebnis bringt uns beim Klimaschutz voran und hilft den Regionen dabei, sich für die Zukunft zu rüsten.“

Energieminister Peter Altmaier (60, CDU) zu BamS: “Der Abschlussbericht eröffnet die Chance eines breiten gesellschaftlichen Konsenses für einen der wichtigsten und schwierigsten Transformationsprozesse der letzten Jahrzehnte.” Er kündigte an, in den kommenden Wochen einen Vorschlag für eine gesetzliche Umsetzung vorzulegen.

Kritik kommt aus der Opposition. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer (52) spricht von einem “planwirtschaftlichen Irrweg”. “Das Klima wird durch diesen nationalen Alleingang nicht gerettet, der deutsche Steuerzahler aber mit Milliarden belastet.”

Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller (47), warnt davor, die Verbraucher für den Kohlekompromiss zahlen zu lassen: “Darum darf die Bundesregierung die Absenkung der Stromsteuer nicht hinten runter fallen lassen.“

Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber (68), Mitglied in der Kommission, hätte sich mehr gewünscht: „Wenn ich mir als Wissenschaftler den Umwelt-Effekt anschaue, der durch diesen Kompromiss herauskommt, dann ist das sicher nicht ausreichend.” Doch dafür sei der politische Wert nicht zu unterschätzen. „Deutschland als hochentwickeltes Kohleland hat hier eine besondere Verantwortung. Wenn wir den Ausstieg nicht schaffen, ist das für andere Länder eine Lizenz zur Klimazerstörung.“

Dass die Vorschläge von der Politik umgesetzt werden, daran hat Schellnhuber keine Zweifel: „Unsere Vorschläge sind in finanzieller Hinsicht schon sehr ambitioniert. Aber in der Öffentlichkeit würde es extrem schlecht ankommen, wenn man erst die Verantwortung an eine Kommission auslagert und dann die Vorschläge nicht ernst nimmt.“ (hen, kg, mir, toc, tt, uhu)

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