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Startschuss für den Kampf um den EU-Topjob

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Verteidigungsministerin wirbt für ihre Wahl ++ BILD-Informationen: Weber soll neuer EVP-Vorsitzender werden ++ Italiener neuer Parlamentspräsident

Die 28 Staats- und Regierungschefs haben sich auf Ursula von der Leyen (60, CDU) geeinigt.

Doch das reicht noch nicht. Das frisch gewählte Europa-Parlament muss mit (einfacher) Mehrheit zustimmen. Wenn nicht, herrscht Patt und Chaos.

Deshalb flog die Verteidigungsministerin heute nach Frankreich, sagte dafür Termine in Deutschland ab. Die Wahl zur EU-Chefin ist wichtiger: Schließlich bleiben der Verteidigungsministerin nur noch 13 Tage für Eigenwerbung.

▶︎In einem kurzen Statement vor Ort sagte sie, sie sei „überwältigt und sehr geehrt gewesen“, als sie von der Nominierung erfahren habe. Sie sei nach Straßburg gekommen, um in den Dialog zu treten. „Es ist jetzt ganz entscheidend Einigkeit zu zeigen.“

Ihre Erklärung sprach sie erst in Englisch und wiederholte sie dann auf Deutsch.

Morgens nahm sie noch an der Kabinettssitzung in Berlin teil. Dann ging es im Flieger um 12:40 Uhr vom Flughafen Tegel schnurstracks nach Frankreich!


Landung um 13:35 Uhr auf dem Flughafen Entzheim bei Straßburg. Abfahrt ins 15 Kilometer entfernte Europarlament. Dort dann zum Treffen mit der EVP-Fraktion um den deutschen Abgeordneten Manfred Weber (46, CSU). Von der Leyen setzte sich selbstbewusst in die Mitte der Rednertribüne, strahlte in die Kameras.


▶︎ Eine weitere Werbemaßnahme:
Die nominierte EU-Chefin richtete am Mittwoch einen Twitter-Account ein. Schon nach kurzer Zeit folgten ihr mehr als 4000 Menschen – sekündlich kommen neue hinzu. Ihre Selbstbeschreibung: „Deutsche Verteidigungsministerin und Kandidatin für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission. Mutter von sieben Kindern, geboren in Brüssel, von Herzen Europäerin“. Das Hintergrundbild zeigt Hände, die blaugelbe EU-Fahnen schwenken.

Ihr erster Tweet: „Hallo Europa!“, auf Deutsch, Englisch und Französisch. Von der Leyen spricht alle drei Sprachen fließend.

Hallo Europa! Hello Europe! Salut l’Europe! 🇪🇺

— Ursula von der Leyen (@UvdLeyen) July 3, 2019

Erste Personalentscheidungen

Eine erste Entscheidung gab es auch im Personal-Karussell: Manfred Weber soll nach Informationen von BILD neuer EVP-Vorsitzender werden. Darauf habe man sich bereits im Präsidium der EVP verständigt, hieß es.

Das EU-Parlament lieferte heute dafür erste Zustimmung zu dem Gesamtpaket: Der italienische Sozialdemokrat David-Maria Sassoli (63, Italiener) erhielt den Zuschlag – zumindest für die ersten zweieinhalb Jahre!


Hier geht es zur Umfrage für App-User: Ursula von der Leyen soll neue EU-Chefin werden. Finden Sie das eine gute Wahl?

Mehrheit erst im zweiten Wahlgang

Dafür benötigte Sassoli zwei Wahldurchgänge. Im ersten verpasste er die Mehrheit knapp, im zweiten Durchlaufe kam er auf 345 Stimmen der Abgeordneten. Nötig war eine absolute Mehrheit von 334 Stimmen.

Der Tscheche Jan Zahradil (56), der für die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) antrat, kam auf 160 Stimmen. Dahinter folgte die Deutsche Ko-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Ska Keller (37) – sie erhielt 119 Stimmen. Abgeschlagen auf dem vierten Platz landete die Spanierin Sira Rego (45) für die Linksfraktion (43 Stimmen).

Nach der Wahl sagte Sassoli, er freue sich, die Institution zu vertreten, die direkte Verbindung zu den Bürgern habe. Die Freiheit in der EU sei ein Erbe der Gerechtigkeit, was man nur erreichen könnte, wenn man solidarisch sei.

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Manfred Weber soll 2022 auf Sassoli folgen

Die EU-Staats- und Regierungschefs befürworteten die Wahl von Sassoli. Der amtierende EU-Ratspräsident, Donald Tusk (62), betonte nach dem Sondergipfel am Dienstag, dass die erste zweieinhalbjährige Amtszeit an die Sozialdemokraten gehen solle – eine Gepflogenheit im EU-Parlament.

▶︎ Die Fraktion der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), mit 182 Abgeordneten die stärkste Gruppe im Parlament, verzichtete auf einen eigenen Bewerber.

2022 soll der EVP-Kandidat folgen: „Das ist unsere politische Meinung und Absicht,“ sagte Tusk. Der Favorit: Spitzenkandidat Manfred Weber. Diesen Plan bestätigte Kanzlerin Angela Merkel (64) am Dienstagabend.

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Es bleiben noch 13 Tage

Die Entscheidung im Parlament findet am 16. Juli statt. Von der Leyens Wahl: noch sehr ungewiss! Wichtigstes Ziel der Reise deshalb: bei allen EU-Parlamentariern um Stimmen werben. Denn die Kritik am Nominierungsprozess durch die Staats- und Regierungschefs und an der Abkehr vom Spitzenkandidatenprinzip: sehr laut!

Unter den Kritikern ist der ehemalige CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok (73). Er sagt zu BILD: „Ich ärgere mich maßlos, weil der französische Präsident mit seiner Ablehnung Webers die demokratische Entwicklung in Europa gestoppt und sich vorläufig durchgesetzt hat. Macron benimmt sich wie ein König, der glaubt, alles bestimmen zu können, ohne das Parlament dabei zu achten. Das Spitzenkandidat-Prinzip war und ist richtig, weil so der Wähler bei der Europawahl direkten Einfluss hat. Aber das macht Macron so wie er agiert kaputt.“

Platzt die Große Koalition?

Von der Leyens Nominierung erhält Gegenwind

Quelle: Reuters
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