Politik

Sperma-Talk bei „Maischberger“

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Eigentlich sollte es ja um Käse und andere fetthaltige Lebensmittel gehen …

Bekehrung am Backofen, Sündenfurcht im Supermarkt, Reue an der Käsereibe. Sandra Maischberger wundert sich am Mittwochabend in der ARD: „Ernährung als Religion: Kann denn Essen Sünde sein?“

Die Gäste

► Bas Kast (46). Der Wissenschaftsautor („Der Ernährungskompass“) fand zum Thema, als sein Herz beim Joggen streikte.

► Michaela May (66). Die Schauspielerin macht Intervallfasten und schimpft auf „diesen Mist der Lebensmittelindustrie“.

► Andrea Ballschuh (46). Die TV-Moderatorin und Autorin („Zucker is(s)t nicht“) litt einst an einer Fettleber und sagt heute: „Zucker wirkt wie Alkohol und Drogen!“

► Susanne Langguth. Die Chemikerin vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) beklagt eine „aggressive Debatte“ und meint, Tiefkühl sei oft besser als Frisch.

► Melodie Michelberger (42). Die Influencerin war magersüchtig und wirbt heute „Body Positivity“: weg mit dem Perfektionismusdruck!

► Dr. Manfred Lütz (65). Der Psychiater spottet: „Viele leben nur noch vorbeugend und sterben dann gesund!“

Ess-Experten unter sich. Wer füttert heute das Zoff-O-Meter?

Erst mal eine Lehrstunde

Bestseller-Autor Kast hat eine Ess-Ampel erfunden und stellt Farbkärtchen auf: Milch kriegt Rot, Joghurt Grün, Maischberger das Staunen.

Erklärung des Diät-Gurus: Milch fördert das Wachstum von Kindern, Erwachsene dagegen macht sie alt und krank. Joghurt-Bakterien bauen die Wachstumsfaktoren ab und die Erwachsenen bleiben gesund.

Dialog des Abends

Käse kriegt ebenfalls Grün. Die Talkmasterin wundert sich gleich wieder: Der sei doch so fett! Doch: „Fett ist nicht der Feind“, erklärt Kast. „Im Käse steckt Spermidin und das stoppt den Alterungsprozess.“

Maischberger denkt, sie hat sich verhört. Doch der Experte klärt sie auf: „Das Spermidin heißt so, weil es zuerst in Sperma isoliert wurde.“

„Ich werde das nie wieder los“, stöhnt die Talkmasterin. Und Kast trägt wenig dazu bei, sie auf andere Gedanken zu bringen: „Ich hoffe, er schmeckt Ihnen trotzdem“, lächelt er. Uff!

Lehrsatz des Abends

Schnell zum nächsten Thema: Das typische Kast-Frühstück besteht aus Kaffee und Schokolade. Kaffee dürfe man trinken, so viel man will. Schokolade bitte mit möglichst hohem Kakao-Anteil, so ab 70 Prozent.

Kasts Credo: „Was du ab und zu mal isst, bringt dich nicht um – nur, was du täglich isst …“

Ehrlichstes Geständnis

Auch Schauspielerin May hat eine griffige Lebensformel: „Ich genieße gern“, sagt sie. „Und wenn ich genieße, habe ich auch kein schlechtes Gewissen!“

TV-Moderatorin Ballschuh erklärt: „Ich esse total gerne Vollfettprodukte. Meine Tochter liebt Vollfettmilch und Vollfettkäse. Alles gut. Nicht das Fett, der Zucker ist das Problem!“

Farbenlehre des Abends

Influencerin Michelberger findet es „problematisch, Lebensmittel in Gut und Böse einzuteilen“, denn „dadurch entsteht immer das Gefühl, dass man was falsch macht.“

Die drei Damen links von Maischberger tragen die Farben der Kastschen Fress-Ampel: Ballschuh in Rot, Michelberger in Gelb, May in Grün. Zur äußersten Rechten der Talkmasterin sitzt die Chemikerin von der Lebensmittelindustrie – ebenfalls in der passenden Farbe, denn ihr wird pausenlos der Schwarze Peter zugeschoben.

Schärfste Buchkritik

Dr. Lütz macht den Bestsellerautor Kast an: „Hier wird etwas als Wissenschaft ausgegeben, was gar keine Wissenschaft ist“, sagt er.

Stärkster Tobak

„Sie sind wohl ein bisschen neidisch“, spottet Maischberger, entschuldigt sich aber gleich: „War nicht so gemeint.“

„Ich schreibe ja selber popularisierte Bücher“, erwidert Lütz. „Aber dieses Buch ist falsch, und es ist Volksverdummung!“

Kraftwort des Abends

„Die beste Wissenschaft, der man glauben kann, ist man selber“, meint May und hat ein Beispiel: „Wenn ich spät abends Salat esse, dann wurlt es immer!“ Bedeutet: Es rumort.

Folge der unangenehmen Begleiterscheinung, so May: „Ich esse so gern Salat, aber ich merke immer, es ist sch***!“

Die Ladys amüsieren sich. So sind sie halt, die Bayern!

Interessanteste Ratschläge

„Wahrscheinlich ist das am bekömmlichsten, was einem am besten schmeckt“, vermutet Dr. Lütz.

„Man sollte nicht mehr essen als man Hunger hat“, meint Lebensmittel-Langguth.

Dann kommt Lütz mit einem Dogma um die Ecke: „Wer früher stirbt, lebt länger ewig. Ich bin ja Christ.“

  • Nur eine Charge betroffen

    Durchfall-Bakterien! Iglo ruft Petersilie zurück

    Es handelt sich um das Produkt mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 12.2019 und der Codierung „L8346BR005/ Uhrzeit 06:00-14:00“.

Heftigster Vorwurf

„40 Prozent der Deutschen haben bereits eine nichtalkoholische Fettleber“, klagt Ballschuh an. „Darunter immer mehr Kinder!“

Als sie beschlossen hat, auf Zucker zu verzichten, habe sie wie eine Süchtige unter Entzugserscheinungen gelitten: „Kopfschmerzen, Händezittern, schlecht schlafen …“

Trotzdem habe es sich gelohnt: „Durch den vielen Zucker hatte ich sechs Jahre lang Blähungen. Die waren dann weg, und ich bin morgens auch viel erholter wach geworden!“

Interessanteste Ausreden

Langguth wehrt sich wacker gegen die Vorwürfe aus der Runde: zu viel Zucker in den Softdrinks? – Muss ja keiner kaufen, es gibt sie überall auch zuckerfrei. Zucker in der Tomatensoße? – Ist gut, weil es kaschiert, dass Tomaten oft viel Säure haben.

„In den Lebensmitteln der Industrie ist nichts anderes als das, was Sie im Haushalt ins Essen reintun“, behauptet sie.

Letzte Worte

„Schokolade ist wie Nikotin“, sagt May. „Wenn ich ein Stückchen esse, muss ich die ganze Tafel essen.“

„So etwas wie die süße Sünde gibt es gar nicht“, sagt Michelberger. „Wenn du Bock hat auf ’ne Cola – trink ’ne Cola! Wenn du Bock hast auf’n Donut – iss’n Donut!“ Allerdings: „Wenn du das Gefühl hast, du musst jeden Tag drei Donuts essen, solltest du vielleicht mal mit einem Psychologen sprechen.“

Zum Beispiel mit Dr. Lütz. Der kriegt das Schlusswort: „Dieser ganze Essenskult hat etwas sehr Egozentrisches und damit etwas Gesellschaftsfeindliches“, kritisiert er. „Jeder sorgt nur für sein Essen und das mit immer neuen Dogmen alle paar Jahre!“ Amen.

Zitat des Abends

„Die Dosis macht das Gift“ (Kast)

Fazit

Keine Denkbeamten, keine Desinformanten, keine empathiebefreiten Selbstdarsteller und auch kein grüner Moralmumpitz, dafür bissfeste Info und herzhafte Ehrlichkeit: Das war ein Talk der Kategorie „Appetitzügler“.

Das sagt die Forschung

Schätzungsweise elf Millionen Todesfälle im Jahr sind weltweit gesehen auf ungesunde Ernährung wie zu viel zuckerhaltige Getränke oder zu wenig Gemüse zurückzuführen. Das sei jeder fünfte Todesfall, schreiben internationale Forscher im Fachblatt „The Lancet“.

Hierzulande gab es im Jahr 2017 demnach 162 Todesfälle pro 100 000 Einwohner, die ungesunder Ernährung zuzurechnen sind. Das Hauptproblem dabei sei ein zu niedriger Konsum (weniger als 125 Gramm pro Tag) von Vollkornprodukten, schreiben die Forscher.

Insgesamt liegt Deutschland auf Platz 38 von 195 berücksichtigten Staaten. Die wenigsten solchen Todesfälle je 100 000 Einwohner gibt es demnach in Israel, Frankreich und Spanien (Plätze eins bis drei), die meisten auf den Marshallinseln, in Afghanistan und in Usbekistan (Plätze 193 bis 195).

  • Statistisches Bundesamt

    Jeder 2. Deutsche zu dick!

    Mehr als die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland ist übergewichtig. 53 Prozent hatten einen BMI von mindestens 25.

Die Forscher haben in der umfangreichen Untersuchung Ernährungsstile unter die Lupe genommen, die zu nicht-übertragbaren Erkrankungen wie Herzkreislauf-Krankheiten, Krebs oder Diabetes Typ 2 führen können. Zu den 15 untersuchten Faktoren gehören unter anderem zu wenig Obst, zu wenig Vollkornprodukte oder auch zu viel rotes Fleisch.

Nicht berücksichtigt wurden Todesfälle, die auf Mangelernährung, Hunger oder Alkoholmissbrauch zurückzuführen sind, wie Toni Meier von der Universität Halle-Wittenberg erklärt, der an der Studie beteiligt war.

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