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„SPD hat jemanden verloren, den wir vermissen werden“

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Heute klärt die SPD die Nahles-Nachfolge ++ Malu Dreyer im Gespräch ++ Union bangt um Große Koalition

Tag eins nach der Rücktritts-Erklärung von SPD-Chefin Andrea Nahles (48).

In der Berliner SPD-Zentrale versuchen ihre Stellvertreter an der Parteispitze, den Scherbenhaufen zusammenzukehren. Und auch bei der Union ist man in Sorge: Hält die GroKo? Für beide Parteien wird der Tag zur Zerreißprobe.

Im SPD-Parteivorstand wird Nahles heute auch formell ihren Rücktritt erklären. Am Dienstag will sie zudem in der SPD-Bundestagsfraktion ihren Rückzug vom Amt der Fraktionschefin erklären. Nicht einmal einfache Bundestagsabgeordnete will Nahles bleiben. Bei den Sozialdemokraten ist man nun um Schadensbegrenzung bemüht.

Im BILD-Talk „Die richtigen Fragen“ blickt der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, schon wehmütig auf die Nahles-Ära zurück: „Die SPD hat jemanden verloren, den wir vermissen werden.“ Und weiter: „Nicht jeder hat ihren Humor verstanden“, aber „ich hätte mir gewünscht, dass sie weitermacht“. Die SPD müsse sich jetzt wirklich zusammenreißen: „Wichtig ist, dass die Partei jetzt kämpft“

Bei einer Krisensitzung des Parteivorstandes wird die engere Parteiführung um 10 Uhr dem Vorstand eine Person für den kommissarischen Parteivorsitz vorschlagen. In Gespräch dafür ist die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Zudem soll der Parteivorstand einen Weg zur Neuwahl des Parteivorsitzes vorschlagen. Thema der Beratungen ist auch, ob die SPD die Halbzeitbilanz der Koalition vorzieht.

In der Fraktion ist schon klar, wie es weitergeht. Der Kölner SPD-Abgeordnete und Fraktionsvize Rolf Mützenich soll kommissarisch die Führung der Fraktion übernehmen. Die ursprünglich für Dienstag geplante Neuwahl des Fraktionsvorsitzes wird nicht stattfinden.

Bei der Neuwahl zum Partei- und Fraktionsvorsitz spricht sich Talk-Gast Kahrs für einen straffen Zeitplan aus: „Ich würde es gut finden, wenn man das möglichst schnell macht.“

Bundesfinanzminister Olaf Scholz schloss bereits aus, dass er neuer SPD-Vorsitzender wird – sowohl kommissarisch als auch dauerhaft. Das sei mit dem Amt eines Bundesministers der Finanzen zeitlich nicht zu schaffen, sagte er in der ARD-Sendung „Anne Will“. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil signalisierte am Sonntag bereits im NDR, dass er keinen Wechsel nach Berlin anstrebe: „Ich bin und bleibe furchtbar gerne Ministerpräsident aus Niedersachsen und habe keine anderen Ambitionen.“

Als mögliche Nachfolgerin gilt die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig.

Kommt Nachfolger aus der zweiten Reihe?

Wer langfristig in der SPD Verantwortung übernehmen will? Völlig unklar! Im BILD-Talk spricht sich der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsrats Harald Christ für eine breit angelegte Personaldiskussion aus: „Wir müssen ganz tief in die Partei schauen.“ Auch in der zweiten Reihe gebe es gute Köpfe. Der Nahles-Abgang sei ein „großer Verlust für die deutsche Politik.“

Er fordert zudem schon jetzt die Diskussion über die GroKo zu führen und nicht erst wie geplant im Herbst: „Wichtig ist, dass Ruhe reinkommt.“ Man müsse entscheiden, wie es mit der GroKo und der SPD weitergeht.

Und auch beim Koalitionspartner CDU dürfte man sich die Frage nach dem weiteren Vorgehen in der GroKo stellen. Hier trifft man sich ab 9.30 Uhr wenige Kilometer entfernt im Berliner Konrad-Adenauer-Haus zum Abschluss einer Klausurtagung.

Schon bei den Statements der CDU-Spitze am Wochenende wurde deutlich, wie groß die Angst vor einem GroKo-Ende ist. Kanzlerin Angela Merkel (64, CDU): „Wir werden die Regierungsarbeit fortsetzen – mit aller Ernsthaftigkeit und vor allen Dingen aber mit großem Verantwortungsbewusstsein.“ Gegen Mittag wird heute die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer vor die Presse treten.

„Notwendiger Rückhalt nicht mehr da“

Nahles hatte ihren Rückzug nach nur 13 Monaten an der Parteispitze am Sonntagmorgen in einem kurzen Schreiben an die Parteimitglieder angekündigt. „Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist“, heißt es darin.

Sie begründete ihren Rückzug am Sonntag mit mangelndem Rückhalt in den eigenen Reihen. Bei der Europawahl war die SPD mit nur noch 15,8 Prozent drittstärkste Kraft hinter Union und Grünen geworden. Nahles geriet daraufhin zunehmend in die Kritik.

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