Politik

„Nicht ein einziges Stück Fleisch aus Deutschland“

0

Quelle: BILD/Facebook/Hof Barslund
1:41 Min.

Landwirt Thomas Andresen (39) steht in seiner Arbeitskleidung (grüne Latzhose, grauer Pullover) auf einer Weide, hinter ihm grasen seine Kühe. Dann schnappt er sich sein Telefon und hält in einem Video, das er später auf Facebook postet, seinen Frust über das Verhalten der Politiker fest.

▶︎ Auslöser ist ein Facebook-Posting der Bundestagsabgeordneten Carina Konrad (FDP). Sie fotografierte die Wochenkarte des sogenannten Bedienrestaurants im Jakob-Kaiser-Haus (dort sind u.a. Abgeordnetenbüros, Arbeitsräume, Verfügungsräume für den Bundesrat und die Bundesregierung sowie der Sitz der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft), wo auch gern die Mitglieder des Deutschen Bundestags essen gehen. Darauf werden leckere und abwechslungsreiche Gerichte mit Ente, Pfifferlingen, Lamm, Lachs und Rind angeboten. Darunter steht das Kleingedruckte – und das bringt den Landwirt vom Hof Barslund in Sillerup (Schleswig-Holstein) aus der Fassung.

Denn: Die Ente kommt aus Frankreich, die Pfifferlinge aus Polen, das Lamm aus Irland, der Lachs aus Norwegen und die Rinderhüfte aus Argentinien.

„Aber nicht ein einziges Stück Fleisch aus Deutschland“, sagt der Bauer in seinem Video. „Nicht eins. Und ich frage mich: Warum nicht? Ist den Herren und Damen Bundestagsabgeordneten unser Fleisch nicht gut genug? Trauen Sie vielleicht ihren eigenen Gesetzen und deren Umsetzung nicht, die sie uns jedes Mal um die Ohren hauen und mit denen sie uns traktieren und in die Knie zwingen, damit wir nachhaltiger wirtschaften? Dass dann Fleisch aus Argentinien angeboten wird? Ich kann es nicht nachvollziehen!“

Auch der FDP-Abgeordneten fehlt diesbezüglich jedes Verständnis. Carina Konrad (36), stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für landwirtschaftliche Ernährung und selbst Landwirtin aus Rheinland-Pfalz, zu BILD: „Wir hatten Klausurtagung und waren mit den Mitarbeitern essen. Wir wollten die Karte gerade wieder zurückgeben, als wir das Kleingedruckte sahen …“

▶︎ Konrad weiter: „Ich meine, wir geben den Bauern jeden Tag neue Vorschriften, und dann machen wir so etwas. Man kann ja keinem Restaurant vorschreiben, woher es seine Produkte bezieht. Aber der Deutsche Bundestag hat doch Vorbildwirkung. Und die dort angebotenen Produkte gibt es ja auch alle aus Deutschland. Es ging ja nicht um Bananen und Mangos. Also kann man auch alles regional aus Deutschland beziehen und die Landwirtschaft unterstützen.“

Landwirt Andresen schlägt in seinem Video Produkt-Alternativen aus Deutschland vor. „Warum nehmt ihr denn nicht mal Fleisch zum Beispiel von der Schleswig-Holsteinischen Weideferse oder vom Wasserbüffel. Oder nordfriesisches Salzwiesenlamm. Oder Entenfleisch aus heimischen Jagden oder aus Aufzucht. Oder Lachs, der dann nicht aus Norwegen kommt, sondern aus Aquakulturen. Ich verstehe es nicht, bitte sagt es mir.“

Dass noch nicht einmal vom Deutschen Bundestag Unterstützung für die heimischen Bauern kommt, ist nicht das Einzige, was Thomas Andresens Blutdruck in die Höhe treibt. „Worauf ich mit diesem Video auch hinauswollte, ist das Freihandelsabkommen, das Frau Merkel mit Südamerika schließen will“, erklärt er gegenüber BILD.

Die Verhandlungen für das Abkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Argentinien, Uruguay, Brasilien und Paraguay) wurden Ende Juni abgeschlossen – doch noch stellt sich Frankreich wegen seiner Bauern quer. Mit dem Abkommen sollen Zölle und Hürden abgebaut werden – Kostenersparnisse in Milliardenhöhe – damit Waren leichter verkauft werden können. Die Befürchtungen der deutschen Bauern: Billig und nicht nachhaltig produzierte landwirtschaftliche Produkte kommen in die EU und machen ihnen das Leben und Überleben schwer.

Bauer Andresen zu BILD: „Wir haben in Deutschland und Österreich eine der nachhaltigsten Landwirtschaften der Welt und Auflagen ohne Ende. Die erfüllen wir auch gern, aber nicht, wenn wir dadurch zu teuer und nicht mehr gekauft werden.“

Deutsche Realitäts-Verweigerung

Previous article

Frankreich will Ökosteuer auf Flugtickets

Next article

You may also like

Comments

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

More in Politik