Politik

Merkel arbeitet anihrem Denkmal

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Es war ihr Moment, ihre Rede. Manche sagen gar, die Rede ihres Lebens. Der Auftritt von Kanzlerin Angela Merkel (64, CDU) auf der Sicherheitskonferenz in München.

Kaum verstummt, setzt der Applaus ein, er wird lauter, Zuhörer stehen auf, immer mehr von ihnen, Vertreter unterschiedlichster Nationen. Standing Ovations für die Frau, die in ihrer Heimat schon abgeschrieben, als Kanzlerin auf Abruf tituliert wurde.

Begeisterung in dieser Deutlichkeit ist rar auf der Sicherheitskonferenz. Im Normalfall antwortet das Publikum mit kritischer Zurückhaltung. Nächster Programmpunkt. Anders diesmal.

  • Münchner Sicherheitskonferenz

    „Nur wir alle zusammen“

    Flammendes Plädoyer von Kanzlerin Merkel gegen internationale Alleingänge – und US-Zölle auf deutsche Autos. Der Saal applaudierte.

Viele Teilnehmer amüsieren sich danach, wie Merkel den US-Präsidenten „zerlegt hat“, ohne Trump auch nur einmal zu erwähnen. Iran-Abkommen, US-Strafzölle, geplanter Abzug in Syrien und Afghanistan, US-Kritik an Nordstream 2.

Merkel bleibt nicht an der Oberfläche. Sie ist außergewöhnlich klar in ihren Aussagen – selbstbewusst und angriffslustig. „Sie hat den Amerikanerin die Stirn geboten“, wird man an diesem Tag noch häufiger hören auf den Fluren des Bayerischen Hofs, dem Austragungsort der Konferenz. Genauso wie: „eigenes Profil“ und „eigener Kurs“. Entschieden. Temperamentvoll. Leidenschaftlich. Lob kommt aus allen politischen Lagern. Selbst ansonsten harte Gegner sprechen von einer „bemerkenswerten Rede“.

„Mit Pence als Gegenspieler (der US-Vizepräsident hielt die Rede nach Merkel), kannst du nur glänzen“, sagt jemand nüchtern, dennoch anerkennend.

Viele sehen sie „klar befreit“, seitdem sie den CDU-Vorsitz an Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer abgegeben hat. Am Ende offenbar mehr Last. Dass sich Merkel zuletzt lieber mit den großen Linien der Weltpolitik als mit dem Klein-Klein der Innenpolitik befasst hat, ist kein Geheimnis.

  • Münchner Sicherheitskonferenz

    US-Vize Pence warnt Deutschland vor Nord Stream 2

    „Wir können die Verteidigung des Westens nicht garantieren, wenn unsere Bündnispartner sich vom Osten abhängig machen“, sagte Pence.

  • Ivanka Trump trifft Merkel

    »Ich habe so viel von ihr gelernt

    Bei der Münchner Sicherheitskonferenz trifft die Präsidententochter Bundeskanzlerin Merkel – und schwärmt danach bei Twitter.

Natürlich dauert es nicht lange, bis darüber spekuliert wird, was eine Post-Merkel-Welt bedeutet, eine Welt ohne diese langgediente, besonnene Staatenlenkerin. „Sie hat hier bewiesen, dass sie die Führerin der freien Welt ist“, sagt jemand – ein Etikett, das ihr auf internationaler Bühne bereits häufiger zuteil wurde. Im Ausland wird Merkel bereits lange geschätzt bis gefeiert.

Vielleicht ist Merkel auch deshalb über sich hinausgewachsen, weil sie weiß, dass es einer der letzten Auftritte auf der MSC war, vielleicht der letzte. Möglicherweise wollte sie sich ein Denkmal setzen.

Nur: „Eine solche Rede hat eine Halbwertszeit von 24 Stunden. Heute ist sie der Star. Morgen wird sie wieder von Grundrente und Diesel eingeholt.

Bislang ist sie die Krisen-Kanzlerin: Finanzkrise. Eurokrise. Flüchtlingskrise. Sie hat durch unruhige Zeiten gelenkt, aber kein sichtbares Erbe hinterlassen, keine Wiedervereinigung, keine Agenda.

Es scheint, als setze diese Kanzlerin zum Endspurt an – mit dem Denkmal im Kopf: auf ihrem Lieblingsfeld der Außenpolitik ihre Prämissen mit Leben zu füllen, die Welt wieder spürbar zu einen. „Nur wir alle zusammen“, waren die letzten Worte ihrer Rede. Man kann ihr nur viel Glück wünschen …

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