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„Gezielt helfen,nicht mit der Gießkanne“

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Weitere Kritik: Entspricht nicht Koalitionsvertrag +++ Ist nicht finanzierbar

Für Menschen, die zwar arbeiten, aber nur wenig verdienen, droht im Alter die Armutsfalle. Dagegen will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgehen. Er hat ein Konzept für die von der Großen Koalition geplante Grundrente vorgelegt. Demnach soll die Rente für drei bis vier Millionen Geringverdiener um bis zu 447 Euro erhöht werden, wie Heil der „Bild am Sonntag“ sagte.

Allerdings: Der Koalitionspartner, die Union, muss dem Konzept noch zustimmen. Doch die lehnt das erst mal ab.

Im Interview mit der BILD am Sonntag sagte Heil: „Sehr viele Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, landen wegen ihrer niedrigen Löhne als Rentner in der Grundsicherung. Das will ich ändern.“ Jemand, der jahrzehntelang hart gearbeitet hat, habe das Recht, deutlich mehr zu bekommen als jemand, der nicht gearbeitet habe.

Bedingung für die Grundrente sind laut Heil 35 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei werden auch Kindererziehungs- und Pflegezeiten angerechnet, ebenso Beschäftigungsjahre in Teilzeit.

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Kritik aus der Union

Das Konzept muss noch umgesetzt werden, und es gibt schon Gegenwind vom Koalitionspartner.

Der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, kritisierte Heil. Er sagte, die Union wolle, dass in Sachen Rente der Koalitionsvertrag umgesetzt werde. „Dort steht, dass wir demjenigen, der 35 Jahre lang gearbeitet und Beiträge bezahlt hat, deutlich mehr geben wollen als nur die Grundsicherung. Was Hubertus Heil vorlegt, entspricht aber nicht dem Koalitionsvertrag.“

Und weiter: Die Union wolle ein differenziertes System, das am tatsächlichen Bedarf ansetzt und dann die Rente aufstockt. Das soll auch über die Rentenversicherung erfolgen. „Das ist finanzierbar. Und wir verteilen Geld nicht mit der Gießkanne, sondern helfen gezielt demjenigen, der zu wenig Rente hat. Zudem wollen wir das selbst genutzte Wohneigentum besser schützen. Dazu macht Heil leider gar keinen Vorschlag.“

Weitere scharfe Kritik an den Plänen von Bundessozialminister Hubertus Heil zur Grundrente. Unions-Chefhaushälter Eckhardt Rehberg sagte zu BILD, er hoffe nur, „dass Hubertus Heil seinen Vorschlag mit Finanzminister Scholz abgesprochen hat und dieser ihm vier bis sechs Milliarden jährlich zur Verfügung stellt.“ Rehberg stellte klar, das für diese Grundrente „Steuererhöhungen und neue Schulden jedenfalls nicht zu machen“ seien.

Auch FDP-Generalsekretärin Nicola Beer wies den Renten-Plan als „unfair und populistisch“ zurück. Beer zu BILD: „Statt gezielt etwas gegen Altersarmut zu tun, will er riesige Ausgaben zu Lasten der Allgemeinheit machen, ohne dass der, der gearbeitet und vorgesorgt hat, mehr hat als derjenige, der das nicht getan hat.“ Ähnlich äußerte sich Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Bundestag. Er sagte zu BILD: „Heil will den Einstieg in einen Systemumbau. Aus der leistungsbezogenen Rente soll eine Gnadenleistung werden. Das ist der falsche Weg.“

Und Clemens Fuest, Chef des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung kritisierte: „Wer in Zeiten dramatischer Alterung der Bevölkerung Rentenleistungen ausbaut, muss gute Gründe haben und transparent machen, welche Steuern erhöht werden sollen, um das zu finanzieren.“ Fuest fürchtet, dass die Grundrente auch vielen zu Gute kommen werde, „die Einkommen aus anderen Quellen oder einen Partner haben, der eine Rente über dem Grundsicherungsniveau“ habe, so Fuest zu BILD.

Die Gewerkschaften begrüßen hingegen Heils Konzept: „Wer ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, muss im Alter mehr haben als die Grundsicherung“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Sonntag. „Der Vorschlag von Bundesarbeitsminister Heil ist ein wichtiger Beitrag, dieses Ziel zu erreichen und damit Altersarmut zu vermeiden.“

Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, erklärte in einer Mitteilung: „Hiermit wird dem gesellschaftlichen Skandal entgegengetreten, dass jahrzehntelange Leistung nicht zu Renten über der Grundsicherung führt. Diese Vorschläge sind ein richtiger Schritt gegen wachsende Altersarmut.“

Wer bekommt was?

Im Interview mit der „Bild am Sonntag“ erklärt der Minister sein Konzept.

Wer beispielsweise als Friseurin auf Mindestlohnbasis 40 Jahre lang gearbeitet hat, der kommt laut Heil auf eine Rente von 514 Euro. „Das finde ich respektlos und unwürdig. Ich will, dass ihre Leistung höher bewertet wird. Sie bekommt nach meinem Vorschlag nicht mehr 514 Euro, sondern 961 Euro Rente.“

Der Minister räumte ein, dass das ein finanzieller Kraftakt werde. Aber den müsse die Gesellschaft aus Respekt vor harter Arbeit schaffen. Finanziert werden soll die Grundrente aus Steuermitteln. „Ich rechne mit einem mittleren einstelligen Milliardenbetrag pro Jahr“, erläuterte Heil.

Nach dem Konzept des Ministers prüft die Rentenversicherung künftig bei jedem Versicherten automatisch, ob er Anspruch auf Grundrente hat. Dafür wird die Summe der gesammelten Rentenpunkte durch die Versicherungsjahre geteilt. Kommt ein Versicherter im Jahresdurchschnitt auf weniger als 0,8 Punkte, wird er automatisch hochgewertet. Dafür hievt die Rentenversicherung 35Versicherungsjahre auf je 0,8 Entgeltpunkte hoch.

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Darum könnten Millionen Rentner mehr Geld bekommen

Laut Statistischem Bundesamt sind bisher nur rund drei Prozent der Rentner (500 000) auf Grundsicherung angewiesen, um ihre Rente aufzustocken.

Dass von der Grundrente, dem Konzept von Heil, aber drei bis vier Millionen Rentner profitieren sollen, liegt an zwei Faktoren: Viele Rentner beantragen aus Scham keine Grundsicherung. Die Grundrente würden sie aber automatisch bekommen. Außerdem will Minister Heil nicht nur Rentner hochwerten, die so wenig verdient haben, dass ihre Ansprüche nicht mal die Grundsicherung (also die Sozialhilfe im Alter) erreichen, sondern auch Renten, die ein bisschen darüberliegen. Die Grenze liegt bei 896 Euro Rente für 35 Beitragsjahre. Wer darüber liegt, geht leer aus.

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