Politik

Böhmermann und Klaas sammeln Spenden für Rackete

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Die beiden Entertainer verurteilten die Festnahme scharf: „Unmenschliche, kaltblütige und skrupellose Politik hat einen neuen Tiefpunkt erreicht“

Hilfsaktion für die festgenommene deutsche Kapitänin Carola Rackete!

Die Kapitänin des Flüchtlings-Rettungsschiffs „Sea-Watch 3“ ist am Samstagmorgen nach dem Andocken im Hafen der italienischen Insel Lampedusa festgenommen worden. Fernsehbilder zeigten, wie Carola Rackete (31) am Samstag unter dem Applaus von Umstehenden vom Schiff geführt und vom Hafen weggefahren wurde.

Ihr wird vorgeworfen, sich einem Kriegsschiff widersetzt zu haben, das sie am Anlegen hindern wollte. Damit drohen ihr laut Medienberichten bis zu zehn Jahre Haft.

In der Polizeistation habe Rackete sich ruhig verhalten und für das riskante Manöver gegenüber dem Schnellboot der Polizei entschuldigt, berichteten italienische Medien unter Berufung auf Polizeikreise. Die Kapitänin sollte binnen 48 Stunden von der Staatsanwaltschaft verhört werden, wie ihr Anwalt Leonardo Marino sagte. Sie sei „müde und gestresst“, sagte er.

Hilfe kommt jetzt von zwei prominenten Deutschen aus dem Show-Geschäft: Jan Böhmermann (38) und Klaas Heufer-Umlauf (35) haben eine Spendenaktion für Rackete gestartet.

Auf Twitter erklärte Klaas, dass man „Geld für die anfallenden Rechtskosten und Ausgaben der Lebensretter“ sammeln und spenden wolle.

Für den Fall, dass die italienischen Behörden Carola Rackete, die Kapitänin der SeaWatch 3, strafrechtlich verfolgen, werden wir, wie im letzten Jahr, Geld für die anfallenden Rechtskosten und Ausgaben der Lebensretter sammeln und spenden. ❤️😘

LG, @damitdasklaas & @janboehm

— klaas heufer-umlauf (@damitdasklaas) June 28, 2019

Gleichzeitig machten beide in der Spendenaktion deutlich, dass sie die Festnahme aufs Schärfste verurteilen.

▶︎ Böhmermann klagt in einem verlinkten Youtube-Video über „skrupellose Politiker”, Salvini missbrauche die Seenotretter um „Stimmung zu machen, gegen Flüchtlinge und gegen die EU“. Mit den Ereignissen der letzten Tage habe diese „unmenschliche, kaltblütige und skrupellose Politik einen neuen Tiefpunkt“ erreicht. Klaas machte deutlich, dass der Vorfall nicht mit der „europäischen Idee“ vereinbar sei.

▶︎ „Wer Menschenleben rettet, ist kein Verbrecher! Wer sein Leben einsetzt, um das Leben anderer zu retten, wird niemals ein Verbrecher sein! Nirgendwo auf der Welt und schon gar nicht in unserem freien, demokratischen und freundlichen Europa”, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden.

Der Spendenaufruf stößt nicht nur im Netz auf breite Unterstützung, sondern zeigt auch schon sehr schnell Erfolge. Gegen Mitternacht hatte der Spendenaufruf schon mehr als 100 000 Euro eingebracht. Klaas und Böhmermann bedankten sich auf Twitter bereits für die rege Beteiligung.

Die Aktion soll noch bis Ende Juli laufen.

Die Festnahme von Rackete

Der jüngste Rettungseinsatz der „Sea-Watch 3“ hatte am Samstag ein dramatisches Ende gefunden.

Die 31-Jährige Kapitänin hatte nach Angaben der Hilfsorganisation Sea Watch am Samstagmorgen ohne Erlaubnis im Hafen festgemacht. Die 40 Flüchtlinge, die Mitte Juni aus einem Schlauchboot vor der Küste Libyens gerettet worden waren, durften inzwischen von Bord gehen und wurden in ein Auffanglager auf der Insel gebracht.

Die Staatsanwaltschaft Sizilien hat gegen Rackete Ermittlungen wegen des Verdachts der Unterstützung von Menschenhändlern eingeleitet. Ein Sea-Watch-Sprecher wies die Vorwürfe zurück und sagte, Rackete habe sich streng an internationales Recht gehalten.

  • „Sea Watch 3“ legt in Italien an

    Deutsche Kapitänin von Rettungsschiff festgenommen

    Carola Rackete (31) legte trotz Verbots mit dem Flüchtlingsschiff „Sea Watch 3“ in Lampedusa an und wurde sofort festgenommen.

Maas: „Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden“

▶︎ Bundesaußenminister Heiko Maas warnte vor einer Vorverurteilung. „Menschenleben zu retten ist eine humanitäre Verpflichtung“, twitterte der SPD-Politiker am Samstag. „Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden. Es ist an der italienischen Justiz, die Vorwürfe schnell zu klären. #Seawatch“.

Der Streit über die Aufnahme der Flüchtlinge entwickelt sich immer mehr auch zu einer direkten Auseinandersetzung zwischen Rackete und dem rechtspopulistischen Innenminister Matteo Salvini.

▶︎ „Die Gesetzlose verhaftet. Piratenschiff beschlagnahmt“, twitterte Salvini, der auch Vize-Chef der Regierung ist. „Große Strafe für ausländische Nicht-Regierungsorganisation. Flüchtlinge alle auf andere europäische Länder verteilt. Mission erfüllt.“

Salvini sagte dem Sender RAI, fünf Länder hätten sich bereit erklärt, die Flüchtlinge aufzunehmen. Um welche Staaten es sich handelte, ließ es offen. In Medienberichten war von Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Finnland und Portugal die Rede.

▶︎ Der französische Innenminister Christophe Castaner sagte, sein Land werde zehn der Flüchtlinge aufnehmen. Zugleich wies er italienische Vorwürfe zurück. Es sei falsch, zu sagen, dass die Europäische Union sich nicht solidarisch mit Italien bei der Frage des Umgangs mit ankommenden Migranten gezeigt habe.

▶︎ Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat seinen italienischen Kollegen Enzo Moavero Milanesi aufgefordert, sich für die Freilassung der deutschen Kapitänin Carola Rackete einzusetzen.

In einem über Facebook verbreiteten offenen Brief an Milanesi schrieb Asselborn, die Kapitänin der „Sea Watch 3“ habe sich „in der Pflicht befunden, 40 Migranten nach Lampedusa zu bringen“. „Menschenleben zu retten, ist eine Pflicht und sollte niemals ein Delikt oder ein Verbrechen sein“, schrieb Asselborn, dienstältester Außenminister der EU.

„Im Gegenteil: Jemanden nicht zu retten, ist ein Verbrechen.“ Luxemburg werde weiterhin mit Italien solidarisch sein, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen gehe.

▶︎ Es sei eine „Sprachverdrehung orwell’schen Ausmaßes“, wenn Italiens Innenminister Rackete „Unterstützung von Menschenhändlern“ und Piraterie vorwerfe, sagte Grünen-Chef Robert Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Sonntag). „Der eigentliche Skandal ist das Ertrinken im Mittelmeer, sind die fehlenden legalen Fluchtwege und ein fehlender Verteilmechanismus in Europa.“

▶︎ Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nannte Racketes Festnahme „eine Schande für Europa“. „Eine junge Frau wird in einem europäischen Land verhaftet, weil sie Menschenleben gerettet hat und die geretteten Menschen sicher an Land bringen will“, erklärte der Landesbischof. Dies mache ihn traurig und zornig.

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