Politik

Kabinett berät über Lockerung von Paragraf 219a

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Seit mehr als einem Jahr haben sich SPD und Union über Paragraf 219a gestritten, das Werbeverbot für Abtreibungen. Heute wollen sie einen Kompromiss beschließen.

Die Sozialdemokraten hatten die Latte von Anfang an hoch gelegt: Entweder der veraltete Paragraph wird gestrichen oder die Koalition platzt! Das Ziel haben sie nicht erreicht, doch die Wut hält sich in Grenzen.

Das Drama bis zum Kompromiss

▶︎ Ende 2017 verurteilt das Amtsgericht Gießen die Ärztin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe. Abtreibungsgegner hatten auf ihrer Homepage entdeckt, dass sie Abbrüche anbietet, und Hänel angezeigt. Sogenannte Lebensschützer zeigen immer mehr Ärzte an.

▶︎ Jetzt geht der Streit los. Die Sozialdemokraten fordern die sofortige Abschaffung von Paragraph 219a, wollen einen eigenen Gesetzentwurf einbringen und schöpfen Hoffnung, als Angela Merkel (CDU) im März die SPD-Fraktion besucht. Die Kanzlerin verspricht zu helfen – den Frauen und den Ärzten. Sie verspricht Rechtssicherheit und die SPD glaubt ihr. Grüne und Linke, die beide einen eigenen Gesetzesentwurf zur Abschaffung vorgelegt haben, sind sauer. Auch die FDP hat einen eigenen Vorschlag vorgelegt.

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▶︎ Doch die Union macht einen Rückzieher. Noch-Fraktionschef Volker Kauder kriegt eine Änderung nicht durch. Bei der SPD liegen die Nerven blank. Noch im Dezember 2018 droht der rechtspolitische Sprecher der SPD, Johannes Fechner: „Es gibt keinen Kompromiss ohne Änderung des Paragraphen 219a. Falls die Union das nicht mitmacht, sollten wir 2019 eine Gewissensabstimmung machen.“

Da sitzen Justizministerin Katarina Barley (SPD), Familienministerin Franziska Giffey (SPD), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) längst zusammen und ringen um den Kompromiss.

Für die SPD ging es um mehr als die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen. Es ging um Glaubwürdigkeit und darum, wie viel Kompromiss man in einer GroKo zulassen darf, ohne sein eigenes Profil zu verlieren. Jetzt ist der Kompromiss da, der für die SPD eigentlich keiner ist. Der Paragraph 219a bleibt erhalten, er wird – wie von Spahn vorgeschlagen – ergänzt.

▶︎ Konkret sieht die Einigung vor, dass Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen unter den gesetzlichen Voraussetzungen durchführen. Zudem soll die Bundesärztekammer verpflichtet werden, eine Liste der Ärzte und Krankenhäuser zu führen, die Abbrüche durchführen. Diese soll auch die Möglichkeiten und Methoden aufzählen und ständig aktualisiert werden. Werbung für Abtreibung bleibt weiter strafbar.

Das Bundesgesundheitsministerium soll zudem bis Jahresende Vorschläge vorlegen, wie die Methoden für einen Abbruch weiterentwickelt und ausgeweitet werden können. Befürworter einer Abschaffung des Paragrafen betonten stets, dass es in einigen Regionen in Deutschland kaum noch Ärzte gebe, die Abtreibungen durchführen, weil sie Angst hätten, sich strafbar zu machen. Ein weiteres Zugeständnis an die SPD: Frauen sollen künftig bis zum Alter von 22 Jahren einen Anspruch auf kostenfreie Versorgung mit verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln („Pille“) haben.

Teil des Kompromisses war auch, dass das Gesundheitsministerium noch in diesem Jahr eine Studie in Auftrag geben will, die die seelischen Folgen einer Abtreibung für Frauen untersuchen soll. Die SPD ist mehrheitlich gegen dieses Vorhaben, das nicht im Gesetzentwurf enthalten ist.

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