Politik

Die Kanzlerin schmeichelte ihren Agenten

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Quelle: BILD/Reuters
12:55 Min.

Das passte ja!

Bundeskanzlerin Angela Merkel (64, CDU) hatte gerade ihre Kurz-und-knapp-Grundsatzrede (Dauer: 15 Minuten) zur feierlichen Eröffnung der neuen Berliner BND-Zentrale beendet, da lief die Meldung über die Agentur AFP, wonach Deutschland und Frankreich offenbar ihren Streit um die Gaspipeline „Nord Stream 2“ beigelegt haben.

Nur wenige Minuten zuvor hatte die 64-Jährige die „enge Kooperation mit Frankreich“ als wesentliche Grundlage unserer Sicherheit gepriesen – und die Zusammenarbeit in Europa als „evident“ bezeichnet.

Deutschland sei „auf multilaterale Zusammenarbeit angewiesen“, es müsse „in internationalen Zusammenschlüssen agieren im Sinne eines feinen Interessenausgleichs“.

„Multilateralismus“ war mal wieder Merkels Wort der Stunde.

Doch im Pariser Elysée-Palast wird man das mit hochgezogener Augenbraue zur Kenntnis genommen haben. Denn zumindest „Nord Stream 2“ dürfte nun zur nationalen, nämlich deutschen Angelegenheit werden – und nicht zur europäischen.

Denn der Kompromiss, den Deutschland und Frankreich am Vormittag zur Überarbeitung der europäischen Gasrichtlinie beschließen wollten, besagt im Kern: Die Zuständigkeit für Pipelines mit Drittstaaten wie Russland liegt bei dem EU-Land, wo die Leitung erstmals auf das europäische Netz trifft – in diesem Fall also Deutschland.

Frankreich hatte sich noch am Donnerstag auf die Seite der Pipeline-Gegner geschlagen, wollte die EU-Regeln für Pipelines aus Drittstaaten verschärfen. Dies hätte Probleme für die geplante Gas-Pipeline „Nord Stream 2“ zwischen Deutschland und Russland bedeutet.

  • 11 Jahre nach Grundsteinlegung

    Merkel eröffnet neue BND-Zentrale in Berlin

    Rund elf Jahre nach der Grundsteinlegung wart es so weit: Kanzlerin Angela Merkel eröffnete heute die neue BND-Zentrale.

Festreden sind das eine, handfeste Interessenpolitik eben doch das andere.

Nicht nur für Frankreich, sondern auch für den BND hatte die Kanzlerin auf dem Podium im neuen BND-Hauptquartier an der Berliner Chausseestraße ausschließlich warme Worte übrig. So bescheinigte Angela Merkel dem BND „einen erfolgreichen Wandel“ nach dem Ende des Ost-West-Konflikts.

Und sie stellte sich so klar wie selten zuvor hinter die Arbeit des deutschen Auslandsgeheimdiensts: Angesichts der Krisen in der Welt sei sie überzeugt, „dass Deutschland einen starken und leistungsfähigen Auslandsnachrichtendienst dringender denn je braucht“.

Früher hatte Merkel immer im Verdacht gestanden, ihren eigenen Agenten nicht über den Weg zu trauen. Insbesondere angesichts der Bedrohung Deutschlands im Cyber-Bereich werde „der Schutz unserer IT-Sicherheit immer wichtiger“, sagte die Kanzlerin. Es dürfe gar nicht erst zu solchen Cyber-Angriffen kommen.

Die Zuhörer im Saal dürften all das mit Wohlgefallen vernommen haben – ob Angela Merkel ihre eher skeptische Grundhaltung zum BND aber tatsächlich verändert hat, bleibt offen.

Allerdings sagte die Kanzlerin auch, dass der Geheimdienst in Zeiten von Fake News im Internet, die auch zur hybriden Kriegsführung genutzt würden, zur Schaffung „belastbarer Meldungen“ gebraucht werde.

Die kaum verschlüsselte Botschaft dahinter: Die Bundesregierung braucht den BND mehr denn je, um überhaupt herauszufinden, was wahr und was falsch ist, um dann agieren zu können: „Was wird manipuliert, steckt Propaganda von ausländischen Organisationen dahinter?“

Russland nannte sie nicht.

Botschaft an Trump

Sehr klar – und in Richtung des US-Präsidenten Donald Trump (72) gerichtet – formulierte die Kanzlerin ihre Einschätzung der Sicherheitslage in Syrien!

„Der sogenannte Islamische Staat konnte in der Fläche glücklicherweise zurückgedrängt werden“, sagte sie. „Das heißt leider jedoch nicht, dass der IS schon verschwunden wäre. Er ist vielmehr zu einer asymmetrischen Kriegsführung übergegangen.“ Das bleibe auch eine Bedrohung.

Damit widersprach die Regierungschefin der Einschätzung von US-Präsident Donald Trump, dass die radikal-islamische ISIS-Miliz bald besiegt sei. Am Freitag berichtete das „Wall Street Journal“, dass das US-Militär bis Ende April einen erheblichen Teil seiner 2000 Soldaten aus Syrien zurückgezogen haben will.

Merkel kritisierte nun, dass Syrien „zum Spielball in einem Stellvertreterkrieg um Einfluss-Sphären in einer wichtigen Region“ geworden sei. Von einem Frieden sei man leider weit entfernt. Tatsächlich wird in der Bundesregierung befürchtet, dass sich die ISIS-Terrorgruppe nach einem Rückzug der USA wieder ausbreiten und eine neue Massenflucht auslösen könnte.

Deutschland brauche den BND in Syrien zur Beschaffung „belastbarer Einschätzungen“, etwa zu Fragen, wohin die ISIS-Milizen sich dort bewegten, sagte nun Merkel.

Der Umzug aus Pullach bei München und anderen Standorten in die neue Zentrale war im Januar mit dem Einzug des „Zentrums für Nachrichtendienstliche Aus- und Fortbildung“ abgeschlossen worden – knapp elf Jahre nach der Grundsteinlegung. Rund 4000 der 6500 Geheimdienstler des BND arbeiten nun in dem Neubau.

Und immerhin sei ja der neue BND technologisch nun auf dem neuesten Stand, lobte Merkel mit einem Augenzwinkern. Ihr Kanzleramtsminister Helge Braun habe ihr jedenfalls vom Serverraum vorgeschwärmt, der sogar noch größer sei als das Atrium der Zentrale.

Merkel schloss ihre Rede mit einem für ihre Verhältnisse geradezu emotionalen Dankeschön an die BNDler und ihre Familienangehörigen: „Sie tun etwas dafür, dass Millionen Deutsche sicher leben können.“

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