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Altmaier will deutsche Konzerne vor Übernahmen schützen

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Industrie-Riesen made in Germany im „nationalen politischen und wirtschaftlichen Interesse“, sagt der Wirtschaftsminister

Quelle: Reuters
2:20 Min.

Scharfe Konkurrenz aus China und den USA, ein Rückgang des Lebensstandards, Deutschland als „Erdulder“ und „verlängerte Werkbank“ anderer Länder: Mit drastischen Worten hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vor einem Abrutschen der deutschen Industrie im internationalen Wettbewerb gewarnt.

In einer am Dienstag präsentierten „Nationalen Industriestrategie 2030“ stellt er heimische Branchengrößen wie Siemens, Thyssenkrupp, die Automobilhersteller sowie die Deutsche Bank in den Mittelpunkt. „Der langfristige Erfolg und das Überleben solcher Unternehmen liegt im nationalen politischen und wirtschaftlichen Interesse“, betonte Altmaier.

Dabei will Altmaier notfalls mit staatlicher Hilfe verhindern, dass deutsche Unternehmen von ausländischen Riesen geschluckt werden.

Staat ja, aber nicht zu viel

Mit Blick auf mögliche Fusionen fordert er, das Wettbewerbsrecht auf den Prüfstand zu stellen, damit für deutsche und europäische Firmen ein internationaler Wettbewerb „auf Augenhöhe“ möglich bleibe. Den Vorschlägen Altmaiers zufolge soll der Staat „in sehr wichtigen Fällen“ zudem für einen befristeten Zeitraum auch Firmenteile erwerben können.

„Insgesamt darf sich der Anteil staatlicher Beteiligungen langfristig aber nicht erhöhen“, heißt es in dem Papier, in dem auch der Aufbau eines nationalen Beteiligungsfonds angeregt wird. Das Eingreifen des Staates sei gerechtfertigt, um schwere Nachteile für die eigene Volkswirtschaft und das gesamtstaatliche Wohl abzuwenden.

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Altmaier unterstrich, es gehe ihm aber nicht darum, „Firmen unter Artenschutz“ zu stellen. In der Wirtschaft löste er ein geteiltes Echo mit seinen Vorschlägen aus.

Altmaier schlägt vor, industrielle Schlüsselbereiche und bahnbrechende Technologien zu definieren. Dabei rücke insbesondere die Künstliche Intelligenz (KI) in den Fokus. In diesem Bereich hinke Deutschland hinterher. „KI wird alles verändern. Deshalb muss der Staat dafür sorgen, dass wir aufschließen und den Rückstand aufholen“, führte der Minister aus. Diese Aufgabe müsse die Wirtschaft leisten. Der Staat könne dabei nur helfen. „Wer Technologien verpennt, wird eines Tages die verlängerte Werkbank anderer sein“, betonte Altmaier.

Es geht um nationale und europäische Champions

Bereits zuletzt hatte sich Altmaier in Interviews für nationale und europäische Champions ausgesprochen, die sich gegen „die großen Player der Welt“ durchsetzen können. In diesem Zusammenhang erwähnte er auch die geplante Zugfusion von Siemens und Alstom. Die beiden Konzerne wollen ihre Kräfte bündeln, um dem chinesischen Marktführer CRRC und potenziellen Konkurrenten in Europa Paroli zu bieten.

Die EU-Kommission hat den Zusammenschluss zum weltweit zweitgrößten Zughersteller allerdings am Dienstag untersagt.

Zur Zukunft der Deutschen Bank, die in Medienberichten immer wieder als möglicher Fusionspartner der Commerzbank genannt wird, wollte sich Altmaier mit Blick „auf die Börsenrelevanz“ einer Antwort nicht konkret äußern. Er verlangte allerdings, Deutschland müsse im Banken- und Finanzwesen international mitmischen. Die von Altmaier in seiner Liste der besonders relevanten Unternehmen ausdrücklich erwähnte Deutsche Bank wollte sich dazu nicht äußern.

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Kritik von Ökonomen und Maschinenbauer

Vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kam Kritik an Altmaiers Papier. „Die Politik ist mit planwirtschaftlicher Industriepolitik auf dem Holzweg“, sagte DIW-Ökonom Tomaso Duso. Der Präsident des Automobilverbands VDA, Bernhard Mattes, bemängelte, es fehlten Vorschläge, wie die Rahmenbedingungen für seine Branche konkret verbessert werden könnten.

Besonders hart ins Gericht mit den Altmaier-Vorschlägen gehen die Maschinenbauer. „Der Ankündigung direkter staatlicher Einmischung steht der Maschinenbau äußerst skeptisch gegenüber“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands VDMA, Thilo Brodtmann. Staatliche Eingriffe seien hier „eher Fluch als Segen“. Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands Die Familienunternehmer, spricht sogar von „industriepolitischer Hybris“ Altmaiers. „Seine besserwisserische Subventionspolitik zerdrückt die Innovationskraft mittelständischer Familienunternehmer“, kritisierte von Eben-Worlée.

Der Industrieverband BDI attestierte Altmaier eine Reihe diskussionswürdiger Vorschläge, die im Dialog konkretisiert und ausgestaltet werden müssten. „Es ist höchste Zeit für ein industriepolitisches Gesamtkonzept der Bundesregierung“, erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.

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