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Ex-Arzt der “Colonia Dignidad” bleibt unbehelligt

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Der frühere Arzt der Sekte “Colonia Dignidad”, Hartmut Hopp, muss nicht ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft Krefeld stellte das Verfahren gegen den Mediziner ein. Vertreter der Opfer sind fassungslos und protestieren.

Es habe sich trotz erheblichen Aufwands kein hinreichender Tatverdacht gegen Hartmut Hopp (Archivbild) ergeben, teilte die Staatsanwaltschaft Krefeld mit. Konkrete Hinweise auf Hopps Mitwirkung an Straftaten seien nicht festzustellen gewesen, erklärte Oberstaatsanwalt Axel Stahl.

Siebeneinhalb Jahre lang hatte die Behörde gegen den inzwischen 74-Jährigen ermittelt. 2011 waren mehrere Strafanzeigen eingegangen. Hopp war unter anderem Beihilfe zu sexuellem Kindesmissbrauch vorgeworfen worden, außerdem eine Beteiligung an der Ermordung chilenischer Regimegegner. “Die Betroffenen sind fassungslos, ihr Vertrauen in die deutsche Justiz ist erschüttert”, kritisierte das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft.

Kritik der Opfervertreter

Sie werfen der Bundesregierung und Justiz im Fall der “Colonia Dignidad” eine “Schlussstrich-Mentalität” vor. Mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Krefeld, nach fast acht Jahren ihre Ermittlungen gegen den früherern Mediziner der “Kolonie der Würde” in Chile einzustellen, würden die noch lebenden Verantwortlichen der Sekten-Siedlung mutmaßlich straffrei bleiben, sagte Jurist Andreas Schüller vom Europäischen Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte.

Die Organisation, die einen Teil der Opfer vertritt, prüft derzeit, ob sie Beschwerde gegen die Entscheidung einlegt. Anfang des Jahres hatte die Staatsanwaltschaft Münster bereits ein weiteres Verfahren gegen einen anderen Bewohner der Colonia Dignidad eingestellt.

Bild aus der “Colonia Dignidad” in Chile aus dem Jahr 2016

In Deutschland und in Chile lebten zahlreiche aussagebereite Zeugen. Sie seien schlicht ignoriert worden, so das ECCHR. Die Staatsanwaltschaft widersprach: Es seien zahlreiche Zeugen zum Teil auch in Chile vernommen und alle erfolgversprechenden Ermittlungsansätze ausgeschöpft worden. Einige Vorwürfe seien allerdings verjährt.

Hopp war in Chile wegen Beihilfe zum Kindesmissbrauch verurteilt worden. Der Mediziner hatte sich 2011 nach Deutschland abgesetzt, bevor die in Chile gegen ihn verhängte fünfjährige Haftstrafe rechtskräftig wurde. Weil er als Deutscher nicht ausgeliefert werden darf, hatte Chile beantragt, dass er die fünfjährige Haftstrafe in Deutschland verbüßt. Doch das hatte das Düsseldorfer Oberlandesgericht als letzte Instanz abgelehnt: Das im Urteil der chilenischen Justiz dargestellte Verhalten Hopps sei nach deutschem Recht nicht strafbar, hatte das Gericht im vergangenen September befunden.

Folter und Mord

In den chilenischen Urteilsbegründungen seien keine konkreten Handlungen Hopps genannt, die eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Kindesmissbrauch rechtfertigten, betonten die Richter. Hopp zählte zum Führungskreis um den deutschen “Colonia Dignidad”-Gründer Paul Schäfer. Bekannt wurde die gleichnamige Siedlung in Chile, weil dort während der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet politische Häftlinge gefoltert und ermordet wurden.

In chilenischer Haft verstorben: Paul Schäfer

Schäfer wurde 2006 wegen Kindesmissbrauchs in Chile zu 20 Jahren Haft verurteilt und starb dort 2010 im Gefängnis. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte klar gestellt: Hopp habe Schäfer keine Kinder zugeführt. Der Arzt habe die Klinik der Siedlung geleitet und nicht das Internat, in dem die Kinder missbraucht wurden. Die von deutschen Auswanderern gegründete Siedlung, später in Villa Baviera umbenannt, liegt rund 350 Kilometer südlich von Santiago de Chile. Die deutsche Sekte war Anfang der 1960er Jahre aus Siegburg bei Bonn ausgewandert.

cgn/uh (afp, dpa, kna)

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