Politik

Weltpolitik mit dem Charme des Skilehrers

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2:48 Min.

München – Sein Englisch und sein Französisch sind so fließend wie seine Schwünge im Schnee. Als junger Mann arbeitete er als Skilehrer und kaufte sich so seinen ersten Porsche (356er, 75 PS). Als Diplomat erlebte er die Wiedervereinigung an der Seite Genschers. „Es gab kein iPad. Ich musste immer alle Dokumente für Genscher in kiloschweren Aktenkoffern tragen.“

Er war deutscher Botschafter in Washington. Ab heute ist er für zwei Tage wieder der wichtigste Gastgeber der Welt.

Wolfgang Ischinger, 72 Jahre alt, seit über einem Jahrzehnt Gastgeber bei der Münchner Sicherheitskonferenz. BILD traf Ischinger dort, wo er sich am wohlsten fühlt – auf 1500 Meter Höhe in Lech am Arlberg, wo er inzwischen seinem Enkelsohn das Skifahren beibringt. „Skifahren war immer meine große Liebe. Besonders Hochtouren außerhalb der Piste. Ich würde es nicht aushalten, einfach nur am Strand zu liegen.“

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Im „Bayerischen Hof“ versammelt er ab heute Herrscher, Präsidenten,
Geheimdienstler, Minister aus aller Welt. Der Ägypter al-Sisi, der israelische MP Netanjahu, Ivanka Trump, der US-Vizepräsident. Auf der Bühne und an der Bar bringt er engste Verbündete, aber auch Erzfeinde beim Gespräch zusammen.

Die zwei wichtigsten Tage des Jahres für die Weltpolitik.

WAS IST ISCHINGERS GEHEIMNIS?

Eine Mischung aus dem Charme eines Skilehrers und der Beharrlichkeit eines Diplomaten.

Und: ein unschlagbares Gespür für Timing. Seine Sicherheitskonferenz findet immer dann statt, wenn die Welt sie am nötigsten braucht. Die Krise dieses Jahr: der aufgekündigte Atomwaffensperrvertrag INF, eine drohende nukleare Wiederbewaffnung Europas.

Ischinger: „Bei Nuklearwaffen ist es eher fünf nach als fünf vor zwölf.

Die Nato-Regierungen haben das in den letzten Jahren mit einem seufzenden Schulterzucken zur Kenntnis genommen. Den Vorwurf kann man ihnen leider nicht ersparen.“

Was den zweifachen Großvater Ischinger besonders umtreibt: das mörderische Schlachten in den Kriegen der vergangenen Jahre, besonders in Syrien.

„Das Völkerrecht schützt heute nicht mehr die Bevölkerung vor ihrer Regierung, sondern die Regierung vor ihrer Bevölkerung“, sagt Ischinger.

„Wenn die Souveränität von Staaten unantastbar ist, auch wenn die Regierung das Volk auslöscht, wird das Völkerrecht zum Diktatorenschutzrecht. Es muss aber ein Menschenschutzrecht sein.“

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Sein Appell an die Bundesregierung: „Deutschland ist die nächsten zwei Jahre im UN-Sicherheitsrat. Wichtigstes Ziel muss sein, die Welt jeden Tag daran zu erinnern, dass das Völkerrecht sich weiter entwickeln muss, damit es endlich Menschen beschützt. Das ist die Aufgabe des Westens. Zu sagen: Wir wollen nicht mehr hinnehmen, dass das Völkerrecht in einer perversen Weise interpretiert wird zum Schutz von Diktatoren.“

Ischinger hat ein freundliches Gesicht, mit dem er auch den mächtigsten Männern und Frauen Dinge sagen kann, die sie nicht hören wollen. „Wir sind es nicht mehr gewöhnt, offen darüber zu reden, dass unsere Welt ernsthaft in Gefahr ist.“

Nirgends wird in der Politik mehr und intimer geredet als auf der Münchener Sicherheitskonferenz. „Aber am Ende geht es ums Tun, nicht ums Reden. Die Frage müssen wir uns immer wieder stellen: Was TUN wir eigentlich? Und MACHEN wir wirklich genug?“

Wenn man Ischinger darüber sprechen hört, wie er mit seinen Kindern und Enkeln Ski läuft, dann weiß man, für wen er es tut, für wen er über die Welt nachdenkt.

„Meinen Job darf man nicht machen, wenn man Pessimist ist. Ich habe als Diplomat gelernt, dass nichts in der Außenpolitik objektiv unmöglich ist.“

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