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»Putinismus wird 100 Jahre herrschen

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„Die Illusion der Wahl ist der wichtigste Trick der westlichen Lebensweise“

Es sind Sätze, wie man sie bislang nur von Putin-Kritikern gehört hat und wie sie vom Kreml bislang stets bestritten wurden.

Jetzt hat Putins „persönlicher Berater“ und Beauftragter für die Ukraine Wladislaw Surkow in einem russischen Politik-Magazin einen Artikel geschrieben, der wohl in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Darin stellt Putins Top-Mann im Kreml fest: „Es ist notwendig, Putins Regierungssystem und den gesamten Ideenkomplex und die Dimensionen des Putinismus als Ideologie der Zukunft zu verstehen.“

Putin selbst, so der einflussreiche Strippenzieher hinter dem Präsidenten, sei „kaum ein Putinist, so wie beispielsweise Marx kein Marxist war“. Der Putinismus, so Surkow, müsse jedoch für jenen gelten, „der nicht Putin ist, aber gerne so wäre wie er“.

Gemeint sind damit die zukünftigen Herrscher Russlands.

Putin und der Putinismus, erklärt Surkow offenherzig, seien alternativlos für Russland und hätten die Demokratie abgelöst.

„Die Illusion der Wahl ist die wichtigste der Illusionen, der wichtigste Trick der westlichen Lebensweise im Allgemeinen und der westlichen Demokratie im Besonderen. Die Ablehnung dieser Illusion (…) veranlasste unsere Gesellschaft, zunächst über ihre eigene, souveräne Version der demokratischen Entwicklung nachzudenken und dann das Interesse an Diskussionen darüber zu verlieren, was Demokratie sein sollte und ob sie prinzipiell sein sollte.“

Für Surkow stellt das System Putin damit das Ende der „Illusion der Wahl“ dar und dies auch noch lange nach dem Tod des aktuellen Machthabers. Nur mit dem Putinismus könne Russland nicht nur „in den nächsten Jahren, sondern auch Jahrzehnten und höchstwahrscheinlich für das gesamte kommende Jahrhundert“ als Nation weiter existieren.

Doch auch, wie man den Putinismus in die Welt tragen kann, erklärt Surkow und enthüllt Unglaubliches: „Außenpolitiker schreiben von der Einmischung Russlands in Wahlen und Referenden auf der ganzen Welt. Die Angelegenheit ist sogar noch ernster – Russland mischt sich in ihre Gehirne ein und sie wissen nicht, was sie mit ihrem veränderten Bewusstsein anfangen sollen.“

Wladislaw Surkow steht für seine Rolle bei der russischen Annexion der Krim seit 2014 auf der Sanktionsliste der EU, darf nicht in sie einreisen. Im Oktober 2016 kam er trotzdem offiziell nach Deutschland, traf unter anderem mit Kanzlerin Merkel und dem damaligen Außenminister Steinmeier zusammen.

Der Grund: Die Bundesregierung empfand ihn als so wichtig für Russlands Kurs in Sachen Ukraine, dass man kurzfristig eine Ausnahmegenehmigung bei der EU durchsetzte.

Experte sieht Parallelen zur deutschen Vergangenheit

Russland-Experte Gustav Gressel vom „European Council on Foreign Relations“ sieht die Schrift Surkows gleich doppelt kritisch. Einerseits handele es sich „natürlich um ein Schönreden des Regimes“.

Andererseits reflektierten Surkows Ausführungen den bei den Moskauer Eliten herrschenden Glauben an Putins Allmacht und Alternativlosigkeit, was „noch viel gefährlicher“ sei. Laut Gressel sei das Pamphlet „die offizielle Absage an die Demokratie, wie wir sie kennen“.

Erschreckend, so Gressel, sei, dass man die antidemokratische Regierungsform des „Putinismus“ offenbar als „natürliche Entwicklung“ sehe. „Damit institutionalisiert man den Autoritarismus und will Russland vom Westen abkoppeln.“

Dies, so Gressel, sei „der gleiche Gedankengang, wie er bei deutschen Nationalisten in den 1920er und 1930er Jahren herrschte. Das Ergebnis davon kennen wir“.

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