Politik

Norbert Blüm schießt gegen Friedrich Merz

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Das Rennen um den CDU-Vorsitz ist kein kuscheliger Mannschaftswettbewerb mehr, sondern längst eine knallharte Einzeldisziplin. Sandra Maischberger fragt gespannt: „Der Dreikampf des Jahres: Wer übernimmt Merkels Thron?“

Die Gäste

▶ Norbert Blüm (83, CDU). Der Ex-Arbeitsminister zetert über Friedrich Merz: „Neoliberaler! Mann der großen Geldwirtschaft!“

▶ Kristina Schröder (41, CDU). Die Ex-Familienministerin kritisiert: „Merz hat Recht: Die CDU nahm das Erstarken der Rechten bereitwillig in Kauf!“

▶ Gabor Steingart (56). Der Journalist (Ex-„Handelsblatt“-Chef) warnt vor Annegret Kramp-Karrenbauer: „Sie hat keine politischen Ideen und würde die AfD groß machen.“

▶ Melanie Amann (40). Für die Journalistin („Spiegel“) ist nicht sicher, dass der „Anti-Merkel“-Merz das Rennen macht.

▶ Werner Patzelt (65). Der Politikwissenschaftler unkt: „AKK als Merkel II könnte kaum AfD-Wähler zurückholen.“

Die eilige Dreifaltigkeit der Christlichen Demokraten zieht den Schlussspurt an. Wird das Zoff-o-Meter zum Applaus-o-Meter?

Als Intro ein Donnerwetter

Blüm regt sich gleich fürchterlich über Wolfgang Schäubles Schützenhilfe für Merz auf: „Ich habe ihn hinter den Kulissen raunen hören“, sagt er mit leicht bebender Stimme über den Bundestagspräsidenten. „Bisher kenne ich ihn nur als Strippenzieher!“

  • Paukenschlag im CDU-Machtkampf

    Schäuble ruft zur Merz-Wahl auf

    Paukenschlag vor dem CDU-Parteitag! Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble unterstützt offen Friedrich Merz.

Dann wird Blüm noch deutlicher: „Ich kritisiere, dass er sehr lange seine Meinung nicht gesagt, aber hinter den Kulissen seine Strippen gezogen hat. Und das mag ich nicht!“

Schärfste Attacke

Ein ARD-Einspieler spricht Merz „viele Jobs und Lobbytätigkeiten“ zu. Über seine Arbeit im Aufsichtsrat der Fondsgesellschaft „Blackrock“ heißt es im O-Ton: „Verwerflich oder von Vorteil?“

„Das ist eine gute Frage“ meint Maischberger, ganz als ob „verwerflich“ eine zulässige Kategorie bei der Beschreibung eines Arbeitsplatzes in der Finanzwirtschaft sei.

Das ist Wasser auf Blüms Mühle: „‘Blackrock‘ ist ein großer Haifisch!“ schimpft er sofort los.

Schönste Rückwärtsrolle

Die anderen wollen ihn besänftigen: „Im Ausland würde man sagen: Das ist ein Hinweis darauf, dass er etwas kann“, sagt Schröder über die Merz-Karriere.

Auch Steingart, ganz früher mal beim „Spiegel“, grätscht Blüm gleich mal ab: „Seien Sie doch froh, dass er nicht wie Altbundeskanzler Schröder von dubiosen russischen Geldgebern … ’Blackrock‘ ist eben kein Hedgefonds, keine Heuschrecke und deswegen auch kein Hai!“

Diagnose des Abends

Neben ihm sitzt Kollegin Amann, heute beim „Spiegel“, mit einer ganz anderen Perspektive: Sie fürchtet, falls Merz Bundeskanzler werde, „Interessenkonflikte“.

„Man sieht hier Paradoxien und Schizophrenien, von Pathologien gar nicht lange zu reden!“ wettert daraufhin Prof. Patzelt. „Seit Jahr und Tag beklagen wir, dass im Bundestag zu wenig Wirtschaftskompetenz ist!“

Jetzt geht das Zoff-o-Meter los

„Kaum kommt jemand, der wirklich nachgewiesen hat, dass er in der Wirtschaft sich zu bewegen versteht, hat er eine Debatte, ob das nicht hochgradig problematisch für unser politisches System sein könnte!“ spottet der Politologe.

Blüm will Merz den Vorschlag, auch mit Aktien für das Alter vorzusorgen, trotzdem um die Ohren hauen: Der Ex-Minister sorgt sich um die Altersarmut, kritisiert „Hungerlöhne“ und nennt die Merz-Idee „fast eine Unverfrorenheit!“

Eleganteste Rückwärtsrolle

Aber, so der Ex-Minister danach mit feinsinniger Bosheit: „Jeder hat eine Perspektive, die er aus dem Leben mitbringt…“

Ex-Ministerin Schröder wundert sich: „Aber das ist doch eine alte CDU-Forderung, dass auch in der Mittelschicht Vermögen gebildet wird…?“

Prompt legt Blüm eine zackige Kehrtwende hin: „Kauft Aktien, so viel ihr wollt!“ ruft er. „Das ist übrigens christlich-sozial. Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmen ist eine alte christlich-soziale Forderung!“ Echt jetzt?

  • Eskalation im CDU-Machtkampf

    Hauen und Stechen in der CDU

    Wirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte sich irritiert über die Unterstützung von Schäuble für Friedrich Merz als neuen CDU-Chef.

  • Kommentar zum CDU-Parteitag

    Gewissensfrage

    Der Wahlkampf um den CDU-Parteivorsitz war spannender als die Bundestagswahlkämpfe der letzten Jahre.

Fake-Trick des Abends

Die Talkmasterin zitiert aus dem „Spiegel“, Merz sei „der Kandidat mit dem Goldrand“, und fragt die Autorin: „Ist es denn ein Problem in Deutschland, zu sagen, der war offensichtlich erfolgreich, das erkennen wir jetzt mal an?“

„Das Interessante ist ja, dass Friedrich Merz dieses Thema für sich selbst überhaupt erst zum Problem gemacht hat“, antwortet die Journalistin.

Denn: „Er selber wurde mit der Frage konfrontiert: Sind Sie Millionär? Da hätte er doch sagen können: Ja, ich habe ein sehr auskömmliches Einkommen…“

Doch Maischberger hat aufgepasst und funkt dazwischen: „Mit Verlaub: Die Geschichte mit dem Goldrand, das haben Sie schon vorher geschrieben!“

Unwillkommenste Feststellung

„Merz weiß, dass sich die gesammelte Linke sofort auf soziale Ungerechtigkeitsvermutungen stürzen würde“, warnt Patzelt.

Steingart stellt klar: „Die meisten Politiker kennen sich nur im Geldausgeben aus. 80 Prozent der Politiker im Bundestag sind Sozialpolitiker. Merz ist eine der wenigen, die sich um die Einkommensseite kümmern!“

Die nächste Eskalationsstufe

Blüm schmeckt Steingarts Info nicht, und er wechselt rasch das Thema: „Wissen Sie, was der Markenkern der CDU ist? Barmherzigkeit! Wie Angel Merkel in der Flüchtlingspolitik!“

Doch das lässt ihm Ex-Ministerin Schröder nicht durchgehen: „Das waren nur die ersten zwei Tage. Danach hatten wir Kontrollverlust. Auch Rechtsstaatlichkeit ist ein Markenkern der CDU!“

Und: „Das entscheidende Thema der Migration ist: Wie kriegen wir die Integration hin?“

Bester Vergleich

Blüm mokiert sich über Schäubles Rat, die CDU solle sich „von den Rändern her in die Mitte integrieren“.

„Für mich ein rätselhafter Satz“, spottet der Polit-Oldie. „Außer den Politologen versteht den Satz niemand!“

Patzelt kann über den Vorwurf nur milde lächeln: „Stellen Sie sich einen Magneten und Eisenfeilspäne vor“, sagt er. „Die gehen in die Mitte des Magneten. Das ist gar kein ungeschicktes Bild!“

Abenteuerlichste Spekulation

„Ich glaube, dass Herr Schäuble den Traum von der Kanzlerschaft noch nicht ganz aufgegeben hat“, sinniert „Spiegel“-Amann. „Vielleicht hat er die Vorstellung, er könne bei einer vorzeitigen Demission von Frau Merkel so eine Art Interimskanzler werden.“

Doch Kollege Steingart neben ihr auf der Couch winkt ab: „Das ist mir zu viel Sandkasten!“ Dafür erntet er böse Blicke von links.

Spannendste Perspektive

Politologe Patzelt sieht eine andere Gefahr für die Kanzlerin: „Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass nach zwei Jahren ein Kassensturz gemacht wird“, sagt er. „Ob die SPD dann die Reißleine zieht, ist eine offene Frage!“

Wenn es dann Neuwahlen gebe, so Patzelt, könne die Kanzlerin ihr Versprechen erfüllen, bis zum Ende der Legislaturperiode zu regieren: „Die Legislaturperiode wäre denn eben 2019 zu Ende…“

Experten-Ratschlag für 2019

Der Politologe nimmt schon die Landtagswahlen 2019 im Osten in den Blick: „Wem nutzt es denn, wenn wir Allparteienkoalitionen gegen eine AfD, die dann vielleicht bei 25, schlimmstenfalls 30 Prozent liegt, aufbauen?“ fragt er. „Am Schluss wird nur die AfD weiter gemästet!“

Sein Rat: „Sollte die AfD Ernst machen mit der Notwendigkeit, ihre extremen und radikalen Ränder zu säubern, dann sind wir in der gleiche Lage wie damals, als die Grünen, als die PDS zu integrieren waren.“

Aber: „Jetzt über Koalitionen mit der AfD zu spekulieren ist völlig vorzeitig.“

Zitat des Abends

„Das Kartell, das die Große Koalition darstellt, wäre in der Wirtschaft schlicht verboten!“ (Steingart)

Fazit

Freischwebende Gefühlskommentare, realitätsblinde Gesinnungsanalysen und moralisierenden Meinungsfesseln, aber immerhin nicht mehr nur die üblichen Donnerschläge auf die Mahnwarntrommel der öffentlich-rechtlichen Meinungszulassungsstelle.

Das war ein Talk der Kategorie „Hinterher ist man klüger“.

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