Politik

Ist Deutschland das gerechteste Land der Welt?

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Es ist die große Debatte dieser Woche: Wie gerecht ist Deutschland? Was läuft schief in unserem Land? In BILD sagte der Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing (48): „Wir leben in einem der gerechtesten Länder der Welt.“ Viele Leser sehen das anders, erzählten, was in ihren Augen falsch läuft. BILD fragte den Präsidenten des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Adolf Bauer (79): Hat Herr Sewing recht?

Adolf Bauer: „Er hat recht, Deutschland ist eines der gerechtesten Länder der Welt. Aber mit einem wichtigen Nachsatz: Wir dürfen dramatische Fehlentwicklungen in manchen Bereichen nicht übersehen, die zu sozialen Problemen führen.“

Was meinen Sie konkret?

Bauer: „Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich, die Langzeitarbeitslosigkeit und vor allem der Niedriglohnsektor. Millionen Menschen haben nach ihrem Berufsleben Rentenanwartschaften unterhalb der Grundsicherung. Diese Menschen fühlen sich vom Staat nicht beschützt, sondern ausgesetzt und allein gelassen.“

  • Das meint BILD

    So ungerecht darf Deutschland nicht sein

    Gerechtigkeit ist das Ziel aller politischen Parteien in Deutschland. Allein: Was gerecht ist – darüber wird heftig gestritten.

  • Rente, Hartz IV, Kindergeld

    So ungerecht ist Deutschland

    Arbeitsminister Heil (SPD) hat eine hitzige Rentendebatte ausgelöst. Andere Ungerechtigkeiten fallen hingegen schon gar nicht mehr auf.

Sozialminister Hubertus Heil (SPD) hat eine Grundrente vorgeschlagen. Ist der Vorschlag gerecht?

Bauer: „Man weiß ja nie, was am Ende dabei herauskommt, aber es ist gut, dass er das jetzt anpackt. Es kann nicht sein, dass jemand, der 40 Jahre gearbeitet hat unter der Grundsicherung landet. Es sägt an der Legitimation der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn man diese Ungerechtigkeit nicht aus der Welt schafft. Heil packt das an, das ist sinnvoll, wir fordern das seit zehn Jahren. Unser Vorschlag wäre allerdings ein gestaffelter Freibetrag von bis zu 175 Euro, der nicht bei der Grundsicherung angerechnet wird. Damit hätten Menschen, die sich etwas Rente erarbeitet haben, auch mehr als nur die Grundsicherung. Und diese Regelung wäre innerhalb des bestehenden Systems möglich, es müsste also keine neue Rentenform aus Steuermitteln eingeführt werden.“

175 Euro, das ist nicht allzu viel …

Bauer: „Aber immerhin mehr als jetzt! Im Moment ist bei Grundsicherung die Rente weg, sie wird komplett angerechnet. Betriebliche und private Vorsorge wird dagegen nicht mehr angerechnet. Es ist nicht akzeptabel, dass ausgerechnet die gesetzliche Rente nicht wenigstens in Teilbeträgen von der Anrechnung befreit ist. Da wird die Arbeitsleistung der Menschen einfach wegradiert.“

Die Grundrente soll ohne Bedürftigkeitsprüfung kommen. Wie gerecht ist das?

Bauer: „Da reden immer alle von Zahnarztgattinen oder Millionärsfrauen. Das sind doch nur Ausnahmen. Das entscheidende an der Überprüfung ist doch, dass die Menschen sich gegängelt und durchleuchtet fühlen. Die große Mehrheit hat gerade mal eine kleine Rücklage für die eigene Beerdigung, für sie ist das eine Zumutung.“

Viele sind doch gut versorgt, z.B. durch ihren Partner oder Erbschaften …

Bauer: „Der Rentenanspruch ist individuell, den hat sich jeder selbst erarbeitet, unabhängig vom Partner. Wenn der zum Leben nicht reicht, dann muss er aufgestockt werden. Das halte ich für gerecht. Außerdem: Die Rentenversicherung wäre heillos überfrachtet, wenn sie bei Millionen Rentnern die Bedürftigkeit prüfen müsste.“

Welcher Mindestlohn ist gerecht in Ihren Augen?

Bauer: „Es gibt Berechnungen, die sagen, mit zwölf Euro die Stunde kann ich mir in Vollzeit eine Rente erarbeiten, die auf Höhe der Grundsicherung liegt. Hier liegt der entscheidende Ansatz für die Verbesserung der Situation vieler Rentner. Alle Bemühungen müssten da ansetzen: Wir müssen mehr im Bildungssystem investieren, damit die Chancen auf dem Arbeitsmarkt größer werden. Das ist nicht von heute auf morgen umsetzbar, das dauert viele Jahre. Aber Bildung ist maßgeblich für die Chance auf dem Arbeitsmarkt, für das Einkommen, für die ganzen Perspektiven im Leben und natürlich im Alter.“

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