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Genau jetzt!: «Hölle» oder «Wahnsinn»? Wolle Petry macht wieder Schlager

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Zwölf Jahre nach seinem einstigen Abschied aus dem Schlagerzirkus gibt es wieder eine neue Platte von Wolfgang Petry. «Genau jetzt!» knüpft an seine großen Hits an. Für eine vollständige Rückkehr fehlt aber noch ein Schritt.

Die Bühne muss warten. Touren passt nicht mehr ins Leben von Wolfgang Petry. Foto: Na Klar! Records/Sony Music

Der Wolf ist tot, es lebe der Wolle. Seine Mähne hat Wolfgang Petry zwar nicht wieder wachsen lassen, und auch ein Schnauzer fehlt ihm im Gesicht. Doch meldet sich der Altmeister des Rock-Schlagers in seinem gewohnten Habitat zurück.

Nach seinem englischsprachigen Intermezzo unter dem verwegenen Pseudonym Pete Wolf legt der wiederauferstandene Kurzzeit-Rentner mit «Genau jetzt!» erneut ein Schlager-Album vor.

Und der 67-Jährige zeigt: Verlernt hat er überhaupt nichts. In der Vorab-Single «Wo sind all die Helden» schlägt er wohl nicht zufällig dasselbe Gitarrenriff an wie in seinem Superhit «Wahnsinn» von 1983. Wer sich die 15 neuen Songs auf der Platte zu Gemüte führt, bekommt richtig guten Schlager alter Schule. Es sind die Ohrwurm-Qualitäten, die man schon von Hits wie «Verlieben, verloren, vergessen, verzeih’n», «Weiß der Geier» oder «Du bist ein Wunder» kennt.

Auf «Genau jetzt!» gibt es mal Seitensprung-Rache («Geh mir aus den Augen») oder ein kleines Bauchpinseln für seine Fanbasis im Kohlerevier an der Ruhr («Total verrückt»), mal einen rockigen Peter-Maffay-Tribut («Kinder»), daneben aber auch mit «Leonie» einen unerwartet verschmitztes, wunderbar leichtes One-Night-Stand-Ende: «Du hast festgestellt, dein Herz schlägt nicht für mich, dein Herz schlägt leider für die Frauenwelt».

Was seine Songs von vielen anderen aus dem Metier unterscheidet: Neben scheinbar unvermeidbaren Schlager-Floskeln sitzt Petry auch immer ein gewisser Schalk im Nacken. «Was’n Typ! Guck dir die Matte an, der sieht aus wie’n Witz aus den Achtzigern», heißt es etwa in «Total verrückt». Und weiter: «Nicht sein Ernst, dieser dicke fette Schnauzbart. Noch so’n Penner, der nix zu verlieren hat.» So nimmt er möglichen Kritikern gleich mal die Luft aus den aufgeblasenen Backen.

Apropos: Ob ihm eigentlich noch ein Schnauzer steht? «Das kann ich nicht sagen, aber eventuell sollte ich es bald mal wieder ausprobieren.» Gern würde man sehen, ob der Sänger bei der Antwort ironisch lächelt. Doch seit Jahren gibt er nur noch schriftliche Interviews. Von Fototerminen für die Presse ganz zu schweigen.

Über 40 Jahre hat Petry nach eigenen Angaben 18 Millionen Platten verkauft. Doch 2006 verabschiedete er sich plötzlich von der Bühne und tauchte ab – auf Nimmerwiedersehen, so hieß es damals. Der Rheinländer wollte einfach nur noch Franz Hubert Wolfgang Remling sein. «Zu Beginn dieser Zeit habe ich erstmal gar nichts gemacht», teilt er jetzt der Deutschen Presse-Agentur mit. Dann ging es mit seiner Frau um die Welt. Dazu viel Sport. Und – wer hätte das gedacht – Briefmarken. «Ich habe Dinge nachgeholt, die ich vorher nicht machen konnte, weil einfach keine Zeit dafür da war.»

Irgendwann kam dann doch wieder die Musik. «Brandneu» war 2015 die erste Schlager-Platte nach seiner Rückkehr. Das Album kletterte zwar auf Platz eins, konnte sich aber mit 11 Wochen nicht annähernd so lange in den Top 100 halten wie etwa sein Mega-Erfolg «Alles» von 1996, der insgesamt mehr als drei Jahre durch die Hitparade wanderte. Der darauf folgende Folk- und Country-Ausflug als Pete Wolf mit dem Cover-Album «Happy Man» floppte bei den Fans hingegen ordentlich.

Aber das ist ihm erst einmal egal. «Ich spüre und habe überhaupt keinen Druck», lässt Petry wissen. Aber wie jeder andere Künstler will er natürlich auch seinem Publikum gefallen. «Das habe ich schon im Blick.» In seinen Goldenen Jahren zog er Zehntausende zu Konzerten in die Stadien. Doch eine Rückkehr dorthin steht außer Frage. «Momentan sehe ich Wolfgang Petry nicht auf der Bühne.» Das ständige Touren «passt heute nicht mehr in mein Leben», so der Musiker. Der Stadion-Wolle lässt sich also auch weiter nicht blicken.

Damit ist es ein bisschen wie mit seinen Freundschaftsbändern. Früher wucherten sie am linken Arm unterm hochgekrempelten Holzfällerhemd als Symbol der Fan-Liebe. Beide Requisiten liegen nun bei den Petrys daheim, «sicher gelagert». In einer Vitrine? «Soweit kommt das noch», so Wolle. Helden-Verehrung? Das muss nun wohl wirklich nicht sein.

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