Politik

Europa-Partei „Volt“ verklagt Wahl-O-Mat

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Die junge Europa-Partei „Volt“ stellt sich auf die Hinterfüße! Weil der „Wahl-O-Mat“ der Bundeszentrale für politische Bildung nur auf die Positionen von acht Parteien eingeht, geht „Volt“ jetzt in die rechtliche Offensive.

Ihr Argument: der Wahl-O-Mat sei faktische Wahlhilfe für die großen Parteien. Und aus Sicht der jungen EU-Reformer verletzt das Auswahlverfahren die verfassungsrechtlich garantierte Chancengleichheit der Parteien. Die Partei hat nun einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht.

▶︎ Der Wahl-O-Mat ist gerade für junge Wähler eine wichtige Entscheidungshilfe und bietet oft ausschlaggebende Orientierung bei der Stimmabgabe. Nach Angaben der Bundeszentrale ist der Wahl-O-Mat seit 2002 bei Bundestags-, Europa- sowie Landtagswahlen im Einsatz und wurde seitdem über 60 Millionen Mal genutzt, davon allein mehr als 13,3 Millionen Mal vor der vergangenen Bundestagswahl. Bislang wurde der Wahl-O-Mat vor der anstehenden Europawahl weit über 5 Millionen Mal genutzt.

▶︎ Welche Funktion der Anwendung wird von „Volt“ kritisiert? Tatsächlich muss der Nutzer nach der Beantwortung der 38 Fragen acht Parteien auswählen, mit deren Positionen er seine Antworten vergleichen will. Die 13 Parteien, die bereits im Europaparlament vertreten sind, erscheinen in einem ersten Block, weit darunter dann die 27 weiteren Parteien.

Spitzenkandidatin und Rechtsanwältin Marie-Isabelle Heiss sagte zu BILD: „Dieses System benachteiligt die kleineren Parteien, gerade weil viele Wähler unser Programm gar nicht kennen. Aber auch die Nutzer bekommen nur einen Ausschnitt des Angebots, denn ihnen wird ein umfassender Vergleich vorenthalten! Natürlich bedient sich die große Mehrheit der Nutzer in der Vorauswahl ausschließlich bei den etablierten Parteien.“

Würde es laut Heiss diese Vorauswahl nicht geben, würden die Nutzer die Übereinstimmungen mit Positionen aller Parteien sehen können.

Chancengleichheit der Parteien

Wäre das auch gerecht so? Art. 21 Absatz 1 des deutschen Grundgesetzes garantiert die Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb. Daher müssen alle Parteien insbesondere im Wahlkampf die gleiche Chance darauf haben, durch den Bürger wahrgenommen zu werden!

Vor allem Hoheitsträger, also Organe des Staates, werden von diesem Grundsatz verpflichtet. Die Bundeszentrale für politische Bildung ist eine Behörde, die dem Bundesinnenministerium unterstellt ist!

Ein Sprecher des Ministeriums sagte gegenüber BILD: „Jeder Nutzer kann selbstverständlich frei entscheiden, welche der zur Wahl zugelassenen Parteien er in seine Auswahl einbeziehen möchte. Die Reihenfolge der Parteien auf der ‚Parteienauswahl-Seite‘ gleicht dabei der Reihenfolge auf dem späteren Stimmzettel.“

Eine gleichheitswidrige Bevorzugung bestimmter Parteien sei damit nicht verbunden. Die Nutzer könnten unbegrenzt oft die Parteiauswahl jederzeit ändern und kurzfristig ein vergleichendes Ergebnis zu jeder der zur Wahl zugelassenen Partei erhalten.

Aus welchem konkreten Grund die Vorauswahl aber geschaltet wird, ließ das Innenministerium offen.

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Volt ist unzufrieden mit der geltend gemachten Ungleichbehandlung, aber wer ist eigentlich „Volt“?

Ganz unten auf dem Wahlzettel steht Volt

Durch den Anfangsbuchstaben V ist Volt alphabetisch ganz unten auf der Liste. Volt-Gründer Damian Boeselager (31, neben Heiss der zweite Spitzenkandidat und Gründer) findet das eigentlich sogar gut: „Jeder, der die Liste anschaut, sieht uns. Wenn wir irgendwo in der Mitte stehen würden, könnten wir überlesen werden.“

Kein Wunder, es gibt sie auch erst seit dem 29. März 2017. Ein Gründungstermin, der bewusst ausgesucht wurde. Knapp ein Jahr zuvor, am 23. Juni 2016, sprachen sich 51 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU aus. Am 29. März 2019 sollte dieser vollzogen werden.

Dieses Ereignis formte die Idee um Volt. Sie wollen nicht einfach zusehen, wie Europa verloren geht. „Man kann und darf nicht einfach wegschauen“, heißt es in einem Statement der Partei.

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Nicht national, sondern europaweit

Boeselager begrüßt BILD im Büro seiner Partei direkt an der Oberbaumbrücke in Berlin-Kreuzberg. Es wirkt alles noch ein wenig chaotisch. „Es ist unglaublich, wie viel momentan los ist“, sagt Boeselager, während er mir sein Team vorstellt.

Sie sind „Volt“. Was mit der Idee begann, der vernünftigen „stillen Mitte“ eine Stimme für Europa geben zu wollen, ist heute eine Partei mit mehr als 30 000 Unterstützer geworden. „Volt“ steht für Energie, eine Energie, die die Parteigründer nach Europa tragen wollen. Das Besondere an der Partei: sie ist transnational, also grenzübergreifend und ist inzwischen in 31 europäischen Ländern vertreten.

Mittlerweile sind sie in 14 EU-Ländern als offizielle Partei registriert, in acht Ländern nehmen sie an den EU-Wahlen teil. „Das ist jetzt eine Welle, die man nicht mehr aufhalten kann. Das macht mich mega stolz“, so Boeselager.

Sie wollen einen Europa-Staat bis 2050

Zentrale Forderungen: Mehr Bürgerbeteiligung, Investitionen in die Zukunft, insbesondere in Bildung und Künstliche Intelligenz, ein eigenes Budget für die Euro-Zone sowie eine voll integrierte Wirtschafts- und Währungsunion unter Leitung eines europäischen Finanzministers.

Zudem: Es muss ihrer Vorstellung nach einen gesamteuropäischen Premierminister geben. Zudem brauche Europa eine gemeinsame Armee und einheitliche Flüchtlingspolitik.

Ihre Vision mag viele ansprechen, ihr extrem schnelles Wachstum an Mitgliedern viele beeindrucken. Doch: Einer der Gründe, aus denen die Euroskeptiker in den vergangenen Jahren so erfolgreich punkten konnten, war die Angst vor einem zu starken Europa-Apparat in Brüssel.

Spitzenkandidatin Heiss dazu: „Wir wollen gerade kein zentralistisches Europa, sondern ein föderales System – eine Art ‚United States of Europe‘“

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