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„Es sterben Menschen, weil es an allem fehlt“

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Quelle: BILD/ Giorgos Moutafis, Paul Ronzheimer
1:51 Min.

Ein normaler Morgen in Venezuela beginnt mit der Jagd nach Butter, Brot und Milch. Die Vorräte sind knapp, in vielen Läden sind Nahrungsmittel unbezahlbar, an anderen Supermärkten bilden sich früh lange Schlangen.

Schon kurz nach sieben steht Andrea (47) mit Hunderten anderen vor einem Supermarkt.
„Wenn ich zu spät komme und nichts mehr da ist, muss ich im Müll nach Essen suchen. Manchmal stundenlang“, sagt sie. Kurz nach Öffnung der Märkte sind viele Produkte sofort ausverkauft.

Neben den Menschen, die Hunger haben, stehen Polizisten und Soldaten. Sie überwachen alles. Besonders in diesen dramatischen Tagen.

Der Druck auf Venezuelas Präsident Nicolás Maduro ist groß, er lenkte am Dienstag in einem Interview mit russischen Medien erstmals ein und zeigte sich offen für Verhandlungen mit der Opposition und Neuwahlen des Parlaments. Allerdings sprach er nicht über Präsidentschaftswahlen – und das ist die Kernforderung.

Gleichzeitig ließ die venezolanische Justiz Konten von Juan Guaidó einfrieren und verhängte eine Ausgangssperre gegen ihn. US-Präsident Donald Trump warnte unterdessen: Wenn Guaidó verhaftet würde, hätte das schwerwiegende Konsequenzen.

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„Es sterben Menschen, weil es an allem fehlt“

Caracas ist im nervösen Wartezustand, keiner weiß wirklich, was passiert, ob Guaidó eine echte Chance hat oder ob Maduro (mal wieder) die Proteste übersteht. Die Menschen demonstrierten am Mittwoch landesweit gegen Maduro, schwenkten venezolanische Flaggen und zeigten Transparente mit der Aufschrift „Freiheit“ und „Respektiert die Menschenrechte“.

Es kommt auch darauf an, wie viele Menschen die Opposition animieren kann, auf die Straßen zu gehen. Viele sind so sehr mit dem täglichen Überlebenskampf beschäftigt, dass sie für Politik und Protest schlicht keine Zeit oder Energie haben.

Am Mittwochvormittag stehen Mütter und Ärzte vor einem Kinderkrankenhaus. Sie protestieren gegen die unglaublichen Zustände, es gibt nicht genügend Medikamente, kaputte OP-Geräte. Kinder, die leben könnten, sterben.

Carlos Prosperi, Internist am Krankenhaus, sagt uns: „Es fehlt an den einfachsten Dingen: Wir haben Stromausfälle, wodurch Patienten sterben. Es kümmert sich niemand darum, dass das in Ordnung gebracht wird. Unsere OP-Geräte sind veraltet und wir kommen nicht mehr an genügend Medikamente. Es gibt nicht mal genügend sauberes Wasser, damit wir operieren können.“

Mayerling Méndez, Krankenschwester: „Die Situation ist unglaublich traurig, es sterben Menschen, weil es an allem fehlt in den OP-Räumen. Das Licht fällt ständig aus, letzten Monat kam ein Baby im Dunkeln zur Welt. Manchmal nutzt das Militär unser Krankenhaus einfach, um Training zu machen. Man denkt immer, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, aber dann wird es doch noch katastrophaler.“

Nicht nur vor dem Kinderkrankenhaus protestieren am Mittwoch Menschen. Im ganzen Land gibt es Demonstrationen von Anhängern von Guaidó. Es sind weniger als am 23. Januar – möglicherweise auch, weil die Menschen auf die Großdemonstration am Samstag warten.
Marianela Prietl: „Wir sind alle zusammen beim Protest, damit die Diktatur von Maduro endlich ein Ende findet. Wir wollen keine Gewalt, wir wollen freie Wahlen.“

Reynold Prato: „Ich unterstütze Guaidó, weil er die einzige Chance für freie Wahlen ist. Die Diktatur muss vorbei sein.“

Giselle Marin: „Wir brauchen jetzt vor allem schnelle humanitäre Hilfe, Nahrungsmittel und Medizin. Und freie Wahlen.“

Es ist schwer zu sagen, wie groß die Unterstützung für Präsident Maduro noch ist und welchen Einfluss es hat, dass fast drei Millionen Venezolaner aufgrund der Krise geflüchtet sind.

Klar ist allerdings, dass das Militär offenbar weiter auf Maduros Seite steht. Guaidó umwirbt die Soldaten für den Umsturz. Am Mittwoch rief er das Militär dazu auf, die Seiten zu wechseln und die dringend benötigten humanitären Hilfsleistungen ins Land zu lassen. Guaidó wörtlich: „Wir wollen ein Ende der unberechtigten Machtübernahme und Neuwahlen.“

Klare Zeichen, dass sich die Generäle von Maduro abwenden könnten, gibt es aber nicht.

Der Protest am Samstag könnte der Tag sein, an dem klarer wird, in welche Richtung sich Venezuela entwickelt. Am Sonntag dann läuft das Ultimatum der EU ab. Die europäischen Staats- und Regierungschefs fordern von Maduro Neuwahlen, ansonsten wollen auch sie Guaidó als Übergangspräsidenten anerkennen…

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