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Deutscher Abgeordneter bekam Morddrohungen

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Am kommenden Dienstag wird das EU-Parlament über eine Anpassung des Urheberrechts ans digitale Zeitalter abstimmen. Was trocken klingt, erhitzt seit Wochen die Gemüter. So schlimm, dass es eine Morddrohung gegen einen deutschen Abgeordneten des Europaparlaments gibt!

Der Europa-Abgeordnete Axel Voss (CDU) hatte den vorliegenden Reform-Kompromiss für das Parlament federführend mit den EU-Staaten ausgehandelt und ist eine treibende Kraft für die Reform.

Voss zu BILD: „Ich habe Morddrohungen, Bombendrohungen und schlimmste Beleidigungen erhalten. Es gibt nichts, was man sich nicht vorstellen kann. Es geht permanent auf meine Person und auf meine Glaubwürdigkeit. Das ist extrem.“

Das Landeskriminalamt aus Nordrhein-Westfalen (Axel Voss lebt in Bonn) ermittelt. Bisher ist bekannt, dass die Bomben- und Morddrohung in Form einer Mail in den finnischen sozialen Medien auftauchte.

Warum ist der Hass so groß?

Auch in Deutschland gab es zuletzt heftigen Widerstand gegen die geplante Reform. Für das Wochenende sind in etlichen europäischen Städten Demonstrationen angekündigt. Doch warum ist der Hass so groß? Und worum geht es überhaupt?

Mit dem Gesetzesvorschlag zum Urheberrecht sollen die Regeln an die Digitalwirtschaft angepasst werden. Eine zentrale Frage lautet: Wie kann verhindert werden, dass urheberrechtlich geschützte Werke im Internet hochgeladen werden?

Mit den neuen Regeln sollen kommerzielle Plattformen wie Youtube bei der Einhaltung des Urheberrechts stärker zur Verantwortung gezogen und haftbar gemacht werden. Sie müssten dann entweder entsprechende Lizenzen erwerben oder strikter dafür sorgen, dass niemand geschützte Inhalte hochlädt.

Künstler oder Autoren, die zurzeit oft gar nicht für ihre auf Plattformen veröffentlichten Werke vergütet werden, könnten so auch von der Vermarktung im Internet profitieren. Zudem soll mit einem Leistungsschutzrecht geregelt werden, wie Verlage finanziell beteiligt werden, wenn ihre Inhalte auf Webseiten wie Google News präsentiert werden.

  • Protest gegen EU

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  • Brüssel plant Upload-Filter

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Der Streit um die Uploadfilter

In Artikel 13 des Entwurfs heißt es, Plattformen müssten das „Bestmögliche“ tun, um geschützte Werke wie Musiktitel ausfindig zu machen, bevor sie auf der Plattform veröffentlicht würden.

Dies ist nach Ansicht von Experten technisch nur durch sogenannte Uploadfilter möglich. Kritiker befürchten eine Überregulierung und eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Zum Beispiel Julia Reda (Piraten). Sie sagt: „Es ist völlig klar, dass eine Umsetzung von Artikel 13 ohne Upload-Filter nicht möglich ist.“ Es werde immer Rechteinhaber geben, die keine Lizenzen erteilen. Außerdem werde bei dem aktuellen Entwurf außer Acht gelassen, „dass wir heute alle Urheber und Urheberinnen sind“, weil Menschen die Rechte an den Fotos und Videos von ihren Smartphones hätten. Es sei unmöglich, mit all diesen Menschen Lizenzvereinbarungen abzuschließen, auch nicht über Verwertungsgesellschaften.

Die Abgeordnete des Europaparlaments der Grünen, Helga Trüpel, hält dagegen. Sie schreibt in ihrem „Manifest für ein offenes und faires Netz“, das etliche Abgeordnete unterstützen: „Google und Facebook benutzen bereits Filter-Algorithmen. Sie filtern nicht nur illegale Inhalte, sondern auch völlig legale willkürlich und ohne eine demokratische Regierung. Mit der Richtlinie werden Filter reguliert.“

Und weiter: Plattformen sollen Kreative, dessen Inhalte sie bisher ohne Vergütung nutzen, fair und angemessen bezahlen.

Axel Voss stellt klar: „Es wird ganz klar Ausnahmen für zum Beispiel kleine und junge Plattformen geben. Und: Das, was der User unter Remixes, Memes und Gifs kreiert, das darf auch weiterhin hochgeladen werden.“

Unter dem Hashtag #Axelsurft machen sich aktuell im Internet viele über den Europaabgeordneten lustig, weil er in einem Interview mit der Seite Vice sagte, es gebe eine Meme-Rubrik bei Google. Doch diese gibt es nicht.

In Deutschland arbeitet die Regierung an einem nationalen Sonderweg ohne die umstrittenen Uploadfilter – dafür mit Lizenzgebühren.

Werden Demonstranten bezahlt?

Welche Rolle spielen die Internetkonzerne bei dem aufgeheizten Protest?

Sie beauftragen nicht selten Lobbyfirmen oder NGOs, die mit allerhand Aktionen für deren Anliegen trommeln. Diese Firmen haben andere Namen und werden deshalb in der öffentlichen Wahrnehmung meist nicht direkt mit ihren Auftraggebern in Verbindung gebracht.

Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, wirft Internet-Konzernen in den USA sogar unlautere Mittel vor, mit denen sie die Reform zu torpedieren versuchten – und sich so die Zahlungen von Lizenzgebühren zu sparen. Caspary zu BILD: „Der Kampf gegen eine faire Bezahlung von Musikern, Journalisten, Fotografen und anderen Kreativen wird mit allen Mitteln geführt.“

Casparys Verdacht: „Nun wird offensichtlich versucht, auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern. Bis zu 450 Euro werden von einer sogenannten NGO für die Demoteilnahme geboten. Das Geld scheint zumindest teilweise von großen amerikanischen Internetkonzernen zu stammen. Wenn amerikanische Konzerne mit massivem Einsatz von Desinformationen und gekauften Demonstranten versuchen, Gesetze zu verhindern, ist unsere Demokratie bedroht.“

Wie das Magazin „Netzpiloten“ berichtete, soll Google etwa die freie Enzyklopädie Wikipedia mit Zahlungen in Höhe von bislang 7,5 Millionen Dollar unterstützt haben. Wikipedia hatte sich am 21. März in Deutschland öffentlichkeitswirksam „abgestellt“, um gegen die Reform zu protestieren. Kurios: Wikipedia ist selbst von der Reform gar nicht betroffen und darf weiter Inhalte hochladen.

Auch für Axel Voss ist klar: „Ich gehe davon aus, dass große Techfirmen wie Google, Youtube und Facebook alles versuchen, um nicht in die Verantwortung genommen zu werden. Diese Unternehmen haben natürlich einen direkten Zugang auf beispielsweise bekannte Youtuber. Sie emotionalisieren das Thema stark, in dem sie den Youtubern und Bloggern erzählen, dass ihr Kanal oder Blog betroffen ist. Und die geben dann an ihr Publikum weiter: ,O je, uns wird es bald nicht mehr geben‘. Aber das ist völlig übertrieben. Aber die Plattformen nutzen so ihren direkten Zugang zur Öffentlichkeit, um für ihre Interessen Kampagnen zu betreiben.“

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), in dem auch die Axel Springer SE (u. a. BILD) Mitglied ist, unterstützt die Richtlinie.

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