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Der rücksichtslose Rachefeldzug eines Landschaftsgärtners

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Aus Enttäuschung und Wut baut ein Gärtner tödliche Sprengfallen. So stellt sich ein Kriminalfall in der Pfalz für die Polizei dar. Der Täter ist mittlerweile tot – doch ist die Gefahr damit gebannt?

Kaiserslautern (dpa) – Hass und Kränkungen haben ihn über Jahrzehnte tief getroffen. Dann entschließt sich Landschaftsgärtner Bernhard G. laut Ermittlungen zum rücksichtslosen Rachefeldzug gegen seine Kritiker.

Er baut tödliche Sprengfallen und ermordet damit Anfang März erst einen Arzt, kurz darauf verletzt er mit einer Explosionsvorrichtung eine Mutter mit Kind. Eine dritte Sprengfalle wird rechtzeitig entdeckt.

"Es ist ein Fall besonderer Gefährlichkeit und Heimtücke", sagt Oberstaatsanwalt Udo Gehring in Kaiserslautern. Doch G. kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden – er tötete sich selbst.

Der Fall des mordenden Gärtners hält die idyllische Pfalz seit Wochen in Atem. Jetzt präsentierten Polizei und Justiz Einzelheiten – es ist der vorläufige Schlussakt eines Kriminalfalls, der auch erfahrene Ermittler erschaudern lässt. "G. schreckte nicht davor zurück, auch Unbeteiligte zu gefährden", sagt der Leiter der Sonderkommission, Frank Gautsche. Die Behörden zeichnen das Bild eines hochgradig eigensüchtigen Menschen, der jeden Konflikt schnell persönlich nahm.

Rückblick: Eine hinterlistige Sprengfalle tötet am 1. März in Enkenbach-Alsenborn in der Nähe von Kaiserslautern einen Arzt – der 64-Jährige wollte vor dem Kellereingang einen merkwürdigen Gegenstand aufheben. Schnell steht fest: Es war Mord. In der Leiche werden Stahlsplitter gefunden.

Zwei Tage später detoniert im nahen Otterberg ein Stück Feuerholz im Kamin einer Familie. Eine Frau und ein Kind werden verletzt. Die Ermittler sehen einen Zusammenhang – denn beide, der Arzt und die Familie, hatten einen Konflikt mit dem streitsüchtigen Bernhard G., der zudem für seine Experimente mit Schwarzpulver bekannt war.

Doch der 59-Jährige ist tot. Seine Frau findet ihn am 1. März in Mehlingen bei Kaiserslautern leblos im Bett. "Er starb an einer Überdosis Insulin, die er sich selbst verabreicht hatte", sagt Oberstaatsanwalt Christian Schröder. Ein Bekennerschreiben hinterlässt G. nicht. Aber die Indizien scheinen erdrückend: Die Polizei findet im Haus zwei Kilogramm Schwarzpulver sowie Waffenteile und etwa 60 schrotähnliche Stahlkugeln. Und sie entdeckt ein Notizbuch, in dem G. sechs Namen mit einem roten Kreuz markiert hat. Darunter sind der getötete Arzt und die attackierte Familie.

Die Polizei ermittelt 109 Menschen, die durch Konflikte ins Visier des Gärtners geraten sein könnten. Eine für die Pfalz beispiellose Suche beginnt. An 19 Orten fahren Sicherheitskräfte Brennholz mit Schubkarren zu einem mobilen Röntgengerät des Bundeskriminalamts (BKA), das jedes Scheit aufwendig durchleuchtet. Denn bei dem Anschlag in Otterberg hatte G. Schwarzpulver in das Holz gesteckt, das im Kamin explodierte. Garagen werden mit Spürhunden auf Sprengstoff abgesucht. Tatsächlich können die Ermittler bei G.s Kunden in Fischbach – einer Nachbargemeinde von Enkenbach-Alsenborn – eine im Holz versteckte Sprengfalle entschärfen. Aber Entwarnung geben sie vorerst nicht.

"Auf der Suche nach dem Motiv sind wir zurückgegangen bis 1981", sagt Gautsche. Seit damals sind Konflikte von G. bekannt. Einmal stritt er um eine Frau, ein anderes Mal ging es um Silvesterböller, dann wieder um unzufriedene Kunden. Kein Grund schien demnach dem Landschaftsgärtner zu gering für einen Streit. In Gesprächen prahlte er, er wolle Kritiker "plattmachen", und wenn er gehen müsse, werde er andere "mitnehmen". Eine Geldbuße und sogar eine Haftstrafe sind dokumentiert. Zerrüttet ist auch das Verhältnis zum Sohn, der als Polizist arbeitet.

"Sicherlich ist jeder Mensch einmal gekränkt und will sich irgendwie rächen", sagt einer der Ermittler. "Aber G. hatte auch die Mittel, das Wissen und vor allem die nötige Skrupellosigkeit dazu." Ähnlich sieht es Heiner Schmolzi von der Kriminaldirektion Kaiserslautern. "G. schreckte vor Schäden an Leib und Leben anderer nicht zurück. In der Anwendung seiner Kenntnisse war er absolut rücksichtslos."

G. war den Ermittlungen zufolge Einzeltäter. Alles habe der 59-Jährige genau geplant, sagt Oberstaatsanwalt Schröder – wohl auch seine Selbsttötung: "In den vergangenen Wochen verschenkte er seine wertvolle Taucherausrüstung. Und Dinge, die er sich ausgeliehen hatte, gab er zurück." Dass weitere Sprengfallen existieren könnten, schließen die Ermittler nicht aus. "Die Akte ist nicht geschlossen."

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