Politik

CDU-Youngster mischt Illner-Talk auf

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Im Merzen die Karrenbauer die Rösslein anspahnt.

Wenn jetzt nicht eine starke Hand den Pflug packt, ziehen die CDU-Gäule womöglich krumme Furchen. Bei Maybrit Illner geht es heute nochmal auf den Talk-Acker. Ihr Thema: „Tag der Entscheidung – wer kommt nach Merkel?“

Die Gäste

▶ Franz Josef Jung (69, CDU). Der Ex-Verteidigungsminister zählt mit Wolfgang Schäuble, Roland Koch und Günter Oettinger zu den Old Boys hinter Friedrich Merz.

▶ Ursula von der Leyen (60, CDU). Die aktuelle Verteidigungsministerin verdankt ihre Karriere der aktuellen Bundeskanzlerin.

▶ Thomas Oppermann (64, SPD). Der Bundestagsvize wünschte Merkel schon im Januar, dass sie „den Zeitpunkt findet, ihr Amt aufzugeben“ – meinte damit aber das Kanzleramt.

▶ Albrecht von Lucke (51). Der Politologe mit der Schnellsprechlizenz findet Schäubles Schützenhilfe für Merz „ein wenig unfair“.

▶ Diana Kinnert (27, CDU). Die Autorin und Unternehmerin leitete das Büro des 2016 verstorbenen CDU-Politikers und Merkel-Vertrauten Peter Hinze.

▶ Jana Hensel (42). Die Journalistin („Zeit“) und Schriftstellerin sieht die CDU-Kandidatenkür als „Kampf der Männer gegen die Frauen“.

Holt der Nikolaus harte Talknüsse aus dem Sack, haut Knecht Ruprecht aufs Zoff-o-Meter

Strengster Verweis

Von Lucke, wie immer auf Krawall gebürstet, führt sich gleich mit einem Tadel ein: Wolfgang Schäuble habe bei seiner Empfehlung für Friedrich Merz „mit dem großen Gestus des Bundestagspräsidenten gesprochen“, sagt der Politologe vorwurfsvoll.

„Darüber kann man streiten“, findet von Lucke, denn eigentlich sei eine solche Parteinahme in diesem Amt nicht zulässig.

„Schäuble hätte ja sagen können: Ich spreche jetzt als Parteimann“, kritisiert der Politikexperte. „Er hat aber gesagt: Ich spreche für den Erhalt des Systems. Er ist sogar so weit gegangen, zu sagen: Es ist für das Land besser!“

Genau gegenüber sitzt Oppermann und nickt ein paar Mal, bis ihm klar wird: Wenn solche strengen Regeln für den Chef gelten, dann womöglich auch für ihn selbst, als Vizepräsident …

Witzigste Analyse

Und was bedeutet die CDU-Wahl für die SPD? „Im Koalitionsvertrag ist fast alles geregelt“, antwortet Oppermann mit Buddha-Miene, „aber wer CDU-Vorsitzender wird, steht da nicht drin!“

Die Runde zeigt sich amüsiert, und der SPD-Mann schiebt noch einen griffigen Vergleich nach: „Im Augenblick kämpfen die beiden Parteien im Mittelkreis“, sagt er. „Ich glaube, dass Merz die ganze Breite des Spielfeldes nutzen und auch mal über den rechten Flügel angreifen würde.“ Klingt, als hätte er nichts dagegen.

Parteiischste Prognose

Vom Parteitag in Hamburg wird Ursula von der Leyen zugeschaltet. Die Verteidigungsministerin hat eine neue Haarfarbe, aber immer noch die alten Grundsätze: Ihr geht es um den Zusammenhalt der Partei nach der Wahl. Dafür gibt’s den ersten Beifall.

Oppermann hat keine Nikolausgeschenke dabei, sondern holt den Knüppel aus dem Sack: „Friedrich Merz wird nicht darauf verzichten, Themen der Tagespolitik aufzugreifen und zuzuspitzen“, sagt er voraus. „Solange Angela Merkel dazu Ja sagt, gibt es keine Konflikte. Wenn nicht…“

Die mutigsten Thesen

„Wenn wir wieder in Richtung 40 Prozent kommen, wird auch die SPD wieder stärker“, meint Jung.

Die „Zeit“-Journalistin glaubt, für viele CDUler „darf es nicht passieren, dass eine Frau eine Frau beerbt.“ Auch dafür Beifall.

Heftigste Attacke

Dann setzt von Lucke zum großen Merz-Bashing an: Aktien zur Alterssicherung, Asylrechtsänderung usw., alles falsch. So geht es minutenlang weiter. Oliver Kalkofe pflegt in solchen Fällen zu sagen: Der kann eine Kakerlake ins Koma quatschen.

Langer Rede kurzer Sinn: Bei der CDU, so von Lucke, geht es jetzt „um den Versuch einer Altmännerriege, Angela Merkel zu einem Betriebsunfall der Geschichte zu machen.“

Ungewöhnlichste Analyse

CDU-Youngster Diana Kinnert trägt einen Hut im Michael-Jackson-Stil und hat den Polit-Jugend-Sprech voll drauf: Bei der CDU erkenne sie „inszenierte Sicherheitsbilder“ und „überlebte Verortungen“.

Ihr Credo: „Zukunftskonzepte“ seien „auf der Rechts-Links-Achse nicht sichtbar“. Heißt: Flügelkämpfe sind mega-out!

Dann geht das Zoff-o-Meter richtig los

Oppermann drischt wieder auf Merz ein: Das mit den Aktien sei eine „peinliche Schnapsidee“, schimpft der SPD-Politiker. Der CDU-Kandidat sei „auf einem Stern unterwegs, der nichts mit unserer sozialen Realität zu tun hat!“

Jung hält tapfer gegen: „Es ist richtig, die Frage der Vermögensbildung weiter voranzutreiben!“

Wildeste Tirade

Von Lucke legt von neuem los, wieder im Stakkato ohne Punkt und Komma, und wieder ohne den leisesten Versuch der Talkmasterin, den Wortkatarakt irgendwie einzudämmen: Merz sei „egozentrisch“, sagt er, und wenn er gewinne, hätte die Union mit ihm und Markus Söder „zwei Alphamännchen“ an der Spitze.

Illner nimmt die Vorlage auf: „Gibt es wirklich eine Sehnsucht nach dem starken Mann?“ fragt sie in die Runde.

„Das glaube ich“, antwortet Kinnert unter ihrem Hut, „ich glaube aber nicht, dass daraus programmatische Zielbildungen ableitbar sind.“ Uff! Steht sie mit Juso-Chef Kevin Kühnert wirklich nur wegen des Namens im Ähnlichkeitswettbewerb?

  • CDU kürt neue Spitze

    … und was macht Merkel ab heute Abend?

    Heute kürt der CDU-Parteitag in Hamburg eine neue Spitze. BILD klärt die wichtigsten Fragen zur wichtigsten Wahl des Jahres!

Härteste Kritik

Zum unvermeidlichen Thema Migration sagt Oppermann: „Es war ein schwerer Fehler, dass Angela Merkel 2015 noch nach fünf Monaten den Eindruck erweckt hat, es könne unbegrenzt so weitergehen!“ Von der SPD ist bei ihm nicht die Rede.

Irrläufer des Abends

Zum Schluss haut CDU-Youngster Kinnert noch einen raus: Die „christliche Sittlichkeit und Homophobie“ in ihrer Partei behagt ihr nicht, ihr fehlt „integrationspolitisch eine starke Stimme“. Deshalb glaubt sie, dass der Kanzlerkandidat mit den besten Chancen auch „ein Robert Habeck sein könnte“. Halleluja!

Zitat des Abends

„Um Himmels willen! Dann hätten wir die gleichen Probleme wie die SPD!“

(Jung zu Oppermanns Frage, warum die CDU den Parteivorsitz nicht per Mitgliederbefragung regeln wollte)

Fazit

Propaganda aus der Mottenkiste, viel ungebremster Mainstream und eine gute Portion realitätsblinder Belehrungsjournalismus, aber auch knallharter Meinungskampf und verblüffende neue Ansätze: Das war ein Talk der Kategorie „Gebührengeld verdient“.

… und was macht Merkel ab heute Abend?

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