Politik

AKK-Gipfel rechnet mit Merkels Flüchtlingspolitik ab

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Die CDU-Chefin geht auf Distanz – und springt Ex-Innenminister de Maizière bei

Der Name ihrer Vorgängerin Angela Merkel fiel kein einziges Mal – und dennoch war er in allen Köpfen präsent.

Zwar rechnete Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) in ihrem mit Spannung erwarteten „Werkstattgespräch“ zur Flüchtlingspolitik nicht persönlich mit ihrer Vorgängerin ab, aber an Angela Merkels ursprünglichem Kurs in der Flüchtlingsfrage wurde an diesem Nachmittag in der CDU-Zentrale viel Kritik geübt.

▶︎ Die CDU schwenkt in der Migrationspolitik zur Betonung von „Recht und Ordnung“ zurück!

Zwar präsentierte die Partei gestern „nur“ Ergebnisse eines Workshops. Doch die, so sagte es AKK selbst, könnten sogar schon Eingang in das Europa-Wahlprogramm finden.

▶︎ So will die CDU jetzt den Außengrenzenschutz der EU samt dort stattfindender Asylverfahren. Und: So lange diese Außengrenzen nicht sicher sind, solle NATIONALE Grenzüberwachung in größerem Stil als bislang kommen – ausdrücklich NICHT nur in Bayern.

CDU und CSU hatten sich im Streit um Zurückweisungen an den Grenzen 2018 fast zerfetzt. Jetzt scheint die CDU beizudrehen …

▶︎ Bei den Asylverfahren will sich die CDU auf nur noch „EINE gerichtliche Instanz“ beschränken.

▶︎ Ausländische Straftäter sollen leichter ausgewiesen werden können – u.a. bei Angriffen auf Polizisten.

Kommen soll auch die Ausweitung des Ausreisegewahrsams.

Wichtiger noch: AKK sagte, dass ein „umfassendes und schlüssiges Migrationsmonitoring“ kommen soll. Also ein Frühwarnsystem – um zu verhindern, dass sich eine Situation wie im Herbst 2015 noch einmal wiederhole, als die Flüchtlingsbewegung nach Deutschland auf einen Höhepunkt zusteuerte.

Zwar verzichtete die neue Parteivorsitzende am Ende darauf, eine Bitte der Entschuldigung für den zugelassenen Kontrollverlust des Staates zu formulieren, was nach BILD-Informationen im Adenauer-Haus diskutiert worden war.

Aber: Sie schien kurz davor: „Wir müssen deutlich machen: Wir haben unsere Lektion gelernt“, sagte sie fast beschwörend.

Das saß – auch ohne Namensnennung von Angela Merkel.

Dabei hatte es zunächst so gewirkt, als habe die CDU Angst vor ihrer eigenen Courage.

Grundsätzlich hatten die CDU-Offiziellen im Vorfeld viel unternommen, um das erste abendliche „Werkstattgespräch“ zur Aufarbeitung des Partei-Traumas irgendwie zu kontrollieren.

Die Teilnehmerlisten waren eine geheime Kommandosache, Presse im Adenauer-Haus unerwünscht. Immerhin: Es gab abends dann einen Livestream, der auf der CDU-Homepage aber schon am nächsten Morgen nicht mehr angesehen werden konnte.

Dabei hatte die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer intern sofort nach ihrer Wahl im Dezember die Parole ausgegeben, dass die Partei die Flüchtlingspolitik ihrer Vorgängerin aufarbeiten muss, um unbelastet in die Zukunft gehen zu können. Dahinter stand die Sorge, dass die CDU sonst das gleiche Schicksal wie die SPD erleiden könnte, die bis heute an Gerhard Schröders Agenda-Reformen verzweifelt und in einem 15-Prozent-Ghetto gefangen scheint.

Deshalb also das „Werkstattgespräch“, das aber aus parteistrategischer Sicht ein Wagnis blieb. Denn die Bundeskanzlerin hatte schon im Herbst zuvor zu Protokoll gegeben, was sie von derartigen Rückblicken hält: gar nichts.

„Wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist und damit die ganze Zeit verplempern, dann werden wir den Rang als Volkspartei verlieren“, sagte Merkel damals.

AKK war auch deshalb bemüht, die Veranstaltung nicht zur Abrechnung, oder, wie sie gestern selbst sagte: zum „Tribunal“ geraten zu lassen.

Ein Drahtseilakt!

  • De Maizière im BILD-Talk

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  • CDU-Migrations-Talk

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AKK war nervös. Sie wusste, was von der Veranstaltung abhingt. Doch nach dem peinlichen Versprecher zum Auftakt, als sie die Gäste als „Sozialdemokraten“ begrüßt hatte, brachte sie den zweiten Tag souverän über die Bühne. Am Ende gab sie sogar dem früheren Innenminister Thomas de Maizière (CDU) Recht, der am Morgen im BILD-Talk selbstkritisch bemängelt hatte, dass auch die Politik sich in der Flüchtlingskrise zu sehr von Emotionen habe leiten lassen.

Angela Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert wollte sich am Mittag in der Bundespressekonferenz auf BILD-Nachfrage zu de Maizières Satz nicht äußern.

  • CDU-Flüchtlingsgipfel

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    Flucht, Asyl, Migration: In einem Werkstattgespräch will die CDU dieses Themenfeld bearbeiten. Mit dabei kritisches Publikum!

Merkel blieb der Veranstaltung fern

Im Kanzleramt registrierte man das ganze „Werkstattgespräch“ mit hochgezogenen Augenbrauen – Angela Merkel blieb der Veranstaltung fern.

Tatsächlich dürften auch manche der von der Partei geladenen Gäste der Auftaktrunde am Sonntagabend kaum nach dem Geschmack der Kanzlerin gewesen sein.

Fazit: Das Thema Flüchtlingspolitik ist spätestens nach diesem Workshop wieder GANZ OBEN auf der Agenda.

Wie viele der Ergebnisse der Veranstaltung jetzt wirklich Politik werden, darüber dürfte allerdings auch Angela Merkel noch ein Wörtchen mitzureden haben.

Denn wahr ist auch: Anders als die SPD-Reformpläne zur Sozialstaatsreform sind die CDU-Ideen zur Zuwanderung noch nicht mal offizielle Beschlusssache.

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