Politik

AfD-Meuthen gibt Merkel die Schuld am Brexit

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Englands No-Deal-Abflug aus der EU wurde kurz vor der Sendung am Mittwochabend vom Briten-Parlament gecancelt, aber noch gibt es keine sichere Landebahn. Sandra Maischberger fragt in der ARD: „Das Brexit-Drama: Kann das Chaos noch verhindert werden?“

Die Gäste:

► Jean Asselborn (69). Luxemburgs sozialistischer Außenminister bekräftigt seine energischen Statements schon mal mit einem kernigen „Scheiße nochmal!“

► Jörg Meuthen (57, AfD). Der Parteichef glaubt tatsächlich, er könne mit einer Volksabstimmung zum Austritt Deutschlands aus der EU drohen. Luftnummer!

► Anja Kohl (48). Die ARD-Börsenexpertin sorgt sich vor allem um die deutsche Automobilindustrie.

► Rolf-Dieter Krause (68). Der Ex-ARD-Studiochef Brüssel bangt: „Als Einzelstaaten werden wir in der globalisierten Welt nicht bestehen!“

► Anthony Glees (70). Der britische Politikwissenschaftler hofft auf die Queen: Sie soll den Politikern jetzt mal ins Gewissen reden!

► Dirk Schümer (56). Der Journalist („Welt“) wohnt in Venedig und weiß, wie sich Leute fühlen, wenn dauernd vom Untergang geredet wird.

Start um 23 Uhr, live, also Nachtschicht für die Talker. Sind sie aufgekratzt, wer wird als erster müde und wie hoch dreht das Mitternachts-Zoff-o-Meter?

Ungewöhnlichstes Argument

Der britische Professor Glees hat sich mit einem knallbunten Zirkusschlips verkleidet und führt verblüffende Reden: Jetzt muss die Queen in den Brexit-Streit eingreifen, fordert er.

Denn, so seine Begründung: „Auch nach dem Tod von Diana ist sie an die Öffentlichkeit gegangen“, und das habe damals geklappt. „Das ist kein Scherz!“ sagt er sicherheitshalber.

  • Keine schmutzige Scheidung

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  • „Freunde bleiben“

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Witzigster Vergleich

Journalist Schümer fühlte sich beim Brexit zuerst an Shakespeares Dramen erinnert, aber „jetzt kommt es mir vor wie bei Monthy Python!“

Journalist Krause hat auch noch einen: „Die Engländer wollen mit uns Fußball spielen, aber dabei die Hand benutzen!“

Schreckensvision des Abends

Journalistin Kohl dreht die Debatte wieder auf ernst: Sie fürchtet sogar, dass „am Ende das Königreich auseinanderbricht“. Das Finanzzentrum der Londoner City würde beim Brexit „flachgelegt“.

Die Talkmasterin sieht aber auch das Positive: „Dann werden dort die Wohnungen wieder billiger“, lächelt Maischberger.

Beruhigungspille des Abends

AfD-Meuthen gibt eine Runde Valium aus: „Ich höre immer Chaos, Drama, Katastrophe“, spottet er. „Ich bewundere die Briten für ihren Pragmatismus. Wenn der Brexit kommt, wird er sich nicht in dieser Härte realisieren.“

Denn, so der Parteichef: „Als sich Tschechien und die Slowakei trennten, hat es ja auch geklappt.“

Doch das lassen ihm die anderen nicht durchgehen: „Die blieben aber beide in der EU“, sagen Asselborn und Krause unisono.

Härtestes Urteil

„Die Engländer haben sich benommen wie ein Empire“, lästert Schümer. „Nebel über dem Kanal!“

„Die EU wollte die Briten bestrafen“, schimpft Meuthen.

„Falsch“, donnert Asselborn neben ihm auf dem Sofa. „Ich war 17 Monate lang dabei! Wir haben uns nur an die Regeln gehalten!“

Dann geht das Zoff-o-Meter los.

Der AfD-Chef bleibt dabei: Statt den Briten Rosinenpickerei vorzuwerfen, hätte man mit ihnen besser verhandeln sollen, sagt er.

Krause wird das schicke Halstuch eng: Die EU habe doch versucht, es den Briten so glatt wie möglich zu machen, ruft er erregt.

„Theresa May saß im Unterhaus wie ein Vogel mit zwei gebrochenen Flügeln“, ätzt Prof. Glees.

Schärfste Attacke

„Wenn Sie Schuldige suchen, müssen Sie die bei Frau Merkel suchen“, ruft der AfD-Chef in die Runde. Er erinnert daran, wie der frühere Briten-Premier David Cameron überhaupt auf die Idee verfallen sei, über einen Brexit abstimmen zu lassen: „Merkel hat ihn da reingetrieben!“

Denn: „Als die Engländer nach den Wanderungsbewegungen der Flüchtlinge das Chaos sahen, dass Frau Merkel hier angerichtet hat, haben sie gesagt: Das wollen wir in Großbritannien nicht haben!“

  • ZDF berichtet

    Spendenaffäre: AfD droht Strafe von 280 000 Euro

    Weil AfD-Chef Jörg Meuthen illegale Spenden bekommen haben soll, droht der Partei 280 000 Euro Strafe!

Überraschendste Zustimmung

Krause läuft langsam heiß: „Sie regen sich über muslimische Einwanderer auf“, widerspricht er wütend. „Die Engländer haben sich aber über Zuwanderer aus Osteuropa geärgert!“

Doch Prof. Glees ist in diesem Fall eher bei dem AfD-Mann: „Die äußere Sicherheit aufrecht zu erhalten wäre die erste Pflicht gewesen“, sagt er über die Grenzöffnung der Kanzlerin. „Das haben Sie nicht gemacht, und das war blöd!“

Dann schlägt es Mitternacht…

…und der Talk wird immer lauter. „Wollen Sie Stacheldraht wie die Ungarn?“, patzt der Luxemburger den Engländer an.

„Welt“-Schümer ärgert Asselborn daraufhin gleich auch noch mit einem Witz über die umstrittenen Pläne des französischen Präsidenten zu einem noch engeren Zusammenwachsen der EU: „Der Wagen ist mit 60 aus der Kurve geflogen. Jetzt fahren wir 120, damit das endlich klappt.“

Schönster Redeschwall

Nun ist Krause nicht mehr zu halten: Die EU soll endlich auf das Einstimmigkeitsprinzip der dann noch 27 Staaten verzichten, sagt der Ex-ARD-Mann, denn dann könne eine „Koalition der Willigen“ mit „qualifizierter Mehrheit“ alles entscheiden.

Wie bitte? Berlin und Paris sagen an, und die Polen und die Ungarn müssen kuschen, wie einst im Ostblock vor der großen Sowjetunion?

Krause duldet jetzt keinen Widerspruch mehr. Am Schluss schlägt er fast um sich, und es wird so hitzig, dass die Talkmasterin alle Mühe hat, einigermaßen pünktlich den Stecker zu ziehen. Uff!

Zitat des Abends

„Wir sind kein Kleinstaat, wir sind ein kleiner Staat!“ (Asselborn)

Fazit

Erst Stimmung wie in der Aussegnungshalle, dann aber immer stärkere rhetorische Adrenalinschübe und zum Schluss Sprachlawinen bis kurz vor Tourette: Das war ein Talk der Kategorie „Brandbeschleuniger“.

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